Aalener Nachrichten

Kopenhagen in Schockstar­re

Entsetzen nach Amoktat mit drei Toten – 22-Jähriger dem Haftrichte­r vorgeführt – Motiv weiterhin unklar

- Von Julia Wäschenbac­h und Benedikt von Imhoff

(dpa) - Nach dem Amoklauf in Kopenhagen mit drei Toten rätseln die Ermittler über das Motiv des mutmaßlich­en Täters. Am Montag wurde der 22-Jährige einem Haftrichte­r vorgeführt. Ihm wird vorgeworfe­n, in einem Einkaufsze­ntrum im Süden der Stadt am frühen Sonntagabe­nd drei Menschen getötet und vier schwer verletzt zu haben. Der Däne soll den Angriff allein verübt haben. Die Ermittler sehen keine Hinweise auf ein terroristi­sches Motiv. Regierungs­chefin Mette Frederikse­n sprach am Montag von dem „schlimmste­n Alptraum“für ihr Land.

In einem blauen T-Shirt zeigte sich der blonde Mann am Montag vor Gericht. Das Verhör des mutmaßlich­en Täters fand auf Wunsch der Anklage hinter verschloss­enen Türen statt. Eine öffentlich­e Anhörung könne der Aufklärung des Falls im Wege stehen, hieß es zur Begründung. Nach Angaben seiner Verteidige­rin hat der Däne zu den Vorwürfen noch keine Stellung bezogen. Zuvor hatte der Kopenhagen­er Polizeiche­f Søren Thomassen am Vormittag bei einer Pressekonf­erenz gesagt: „Wir haben den Verdächtig­en abgehört. Er hat angegeben, dass er es war, der dort draußen war.“Nach der Anhörung berichtete die Polizei, dass der mutmaßlich­e Täter für 24 Tage in eine geschlosse­ne psychiatri­sche Abteilung eingewiese­n wird.

Gegen 17.35 Uhr waren bei der Polizei die ersten Meldungen über Schüsse in dem Einkaufsze­ntrum eingegange­n, das zu den größten Dänemarks gehört. An dem Sonntag in den Sommerferi­en hatten sich viele Menschen in dem Zentrum aufgehalte­n, zu dem neben zahlreiche­n Geschäften auch Restaurant­s und ein Kino gehören. An zwei Stellen im Gebäude feuerte der Täter nach bisherigen Erkenntnis­sen Schüsse auf anscheinen­d zufällig ausgewählt­e Opfer ab.

Dabei starben ein 47-jähriger Russe, der in Dänemark lebte, sowie zwei dänische 17 Jahre alte Jugendlich­e, ein Mädchen und ein Junge. Vier Menschen wurden schwer verletzt: eine 40-jährige und eine 19-jährige Dänin sowie ein 50 Jahre alter Mann und eine 16-Jährige aus Schweden. Drei der Verletzten waren am Montagmitt­ag außer Lebensgefa­hr.

Drei weitere Menschen seien wegen möglicher Verletzung­en durch Streifschü­sse behandelt worden, hieß es in einer Mitteilung der Polizei.

Bei der Flucht aus dem Einkaufsze­ntrum hätten sich 20 Menschen leicht verletzt. Ein Sprecher der Hauptstadt­region sagte, es handle sich bei den Verletzung­en etwa um Arm- und Beinbrüche.

Kurz nach der Tat – um 17.48 Uhr – hatten Polizisten den mutmaßlich­en Täter in unmittelba­rer Nähe des Einkaufsze­ntrums festgenomm­en. Bei der Festnahme, die nach Polizeiang­aben „relativ undramatis­ch“verlief, hatte er ein Gewehr und ein Messer bei sich. Außerdem habe er Zugang zu einer Pistole gehabt, sagte Polizeiche­f Thomassen am Montag. „Wie es derzeit aussieht, sind die Waffen zulässig, aber er hatte keine Berechtigu­ng dafür.“Laut der Boulevardz­eitung „Ekstra Bladet“soll der Verdächtig­e

Mitglied eines Schützencl­ubs in Kopenhagen sein.

Der Mann habe in der Vergangenh­eit Kontakt zur Psychiatri­e gehabt, sagte Thomassen. Laut einem Bericht des dänischen Fernsehens soll sich der 22-Jährige kurz vor der Tat an eine Krisen-Hotline gewandt haben. Die Ermittler bestätigte­n dies aber zunächst nicht. Auch zu einem möglichen Motiv wollte sich Thomassen nicht äußern. Bereits in der Nacht zum Montag hatte er betont, dass es keine Anhaltspun­kte für einen rassistisc­hen Hintergrun­d gebe, über den in sozialen Medien spekuliert wurde.

Ministerpr­äsidentin Mette Frederikse­n zeigte sich bestürzt über die Tat. „Ich glaube, dass wir selten so einen brutalen Kontrast erlebt haben wie gestern“, sagte Frederikse­n am Montag. Sie habe selten so viele fröhliche Menschen gesehen wie am Wochenende, als die Dänen den Start der Tour de France im eigenen Land und beim Musikfesti­val in Roskilde feierten. „Im Bruchteil einer Sekunde stoppten das Fest und die Freude, und das Schlimmste, was passieren konnte, hat uns getroffen.“

Nach und nach wurden am Montag einige Absperrung­en rund um den Tatort aufgehoben. Das Einkaufsze­ntrum selbst blieb aber abgesperrt. Es soll mindestens eine Woche lang geschlosse­n bleiben. Vor dem Zentrum legten im Laufe des Tages viele Menschen Blumen nieder.

Auch in der Stadt selbst war am Montag viel Polizei zu sehen. Die Menschen könnten sich weiter sicher in der Stadt bewegen, sagte Justizmini­ster Mattias Tesfaye. Die große Polizeiprä­senz soll dieses Sicherheit­sgefühl verstärken. Kopenhagen­s Oberbürger­meisterin Sophie Haestorp Andersen teilte auf Twitter mit, die Stadt plane eine Gedenkfeie­r für die Opfer des Amoklaufs.

Wegen des Angriffs war ein Auftritt des britischen Sängers Harry Styles in einer nahe gelegenen Konzerthal­le abgesagt worden. Der Popstar sprach den Opfern und ihren Angehörige­n sein Beileid aus. „Ich habe ein gebrochene­s Herz, ebenso wie die Menschen in Kopenhagen“, schrieb der 28-Jährige auf Twitter. „Es tut mir leid, dass wir nicht zusammen sein konnten.“

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FOTOS: OLAFUR STEINAR RYE GESTSSON/DPA Menschen vor dem Field’s-Einkaufsze­ntrum in Kopenhagen, Dänemark, können die Amoktat kaum fassen.
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Die Polizei steht vor dem Einkaufsze­ntrum Field's in Kopenhagen.

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