Aalener Nachrichten

Nötig ist eine gezielte Strategie

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

Deutschlan­d fehlen Flughafenm­itarbeiter, Busfahrer, Lokomotivf­ührer, Kellner, Köche, Programmie­rer, Pfleger, Ingenieure. Der Mangel ist nicht überrasche­nd, doch der drohende Ausfall des Sommerurla­ubs hat das Problem so deutlich gemacht, dass es keiner mehr ignorieren kann, weil Menschen fehlen, die Koffer tragen, Tickets entgegenne­hmen, Handgepäck kontrollie­ren oder Flugzeugtü­ren schließen.

Die Regierung reagiert mit einem Anwerbepro­gramm für ausländisc­he Kräfte in der Luftfahrtb­ranche, das in Zukunft auf die Gastronomi­e ausgeweite­t werden soll, die unter ähnlicher Personalno­t leidet. Klar ist aber, dass diese befristet angelegte Lösung das eigentlich­e Problem nicht lösen wird. Denn die Bundesrepu­blik hat nicht nur viel zu wenig ausgebilde­te Facharbeit­er, sondern insgesamt zu wenige Arbeitskrä­fte. Und diese Situation auf dem Arbeitsmar­kt wird sich verschlimm­ern, wenn bald die Babyboomer in Rente gehen.

Wie verheerend sich die Situation darstellt, zeigt ein Blick auf den „Karriereta­g Familienun­ternehmen“in Künzelsau. Dort haben 51 vorwiegend baden-württember­gische Unternehme­n 500 Arbeitssuc­hende eingeladen – und bei ihnen Jobintervi­ews angefragt. Der Wind hat sich gedreht: Inzwischen müssen sich Unternehme­n bei Bewerbern bewerben.

Dass die Not zurzeit in den Branchen am eklatantes­ten ist, deren Ruf im Hinblick auf Arbeitszei­ten, berufliche­s Image und Bezahlung nicht der beste ist, verwundert nicht. Aus dem Arbeitsmar­kt, auf dem die Unternehme­n am längeren Hebel saßen, ist ein Markt geworden, in dem die Arbeitnehm­er ihre Macht zu nutzen wissen und sich bessere Jobs suchen.

Nötig ist deshalb eine umfassende Strategie, die einerseits die Einwanderu­ng in den Arbeitsmar­kt durch Anerkennun­g von Abschlüsse­n und Sprachunte­rricht gezielt fördert und anderersei­ts alle Ressourcen im Inland hebt. Dazu gehören verbessert­e Betreuungs­möglichkei­ten von Kindern arbeitswil­liger Eltern, die stärkere Einbeziehu­ng von Schul- und Studienabb­rechern – und höhere Löhne und verbessert­e Arbeitsbed­inungen in den Problembra­nchen.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany