Aalener Nachrichten

Der großherzig­e Lloyd-Fahrer und eine wichtige Lektion

- Von Margret Mayer

Ich hatte gerade eine Woche den Führersche­in, den ich mit relativ wenigen Fahrstunde­n zwei Wochen nach dem 18. Geburtstag machte. Ich musste immer vor den Fahrstunde­n zu einem Zigaretten­automaten fahren, der Fahrlehrer rauchte ständig während den Übungsstun­den. Mein Vater war mein Privatlehr­er und übte mit mir in der Fuchsmühle, einem großen, abgeschlos­senem Gehöft, damit ich weniger Fahrstunde­n benötigte und somit der Führersche­in nicht so teuer würde, den er für mich bezahlte.

Meine erste Autofahrt ohne Fahrlehrer

und ohne Vater mit unserem Opel Rekord ging nach Nördlingen. Ich bekam genaue Anweisunge­n, wie ich zu fahren hatte. Dazu gehörte ein genaues Tempolimit, nicht über 60 Kilometer pro Stunde, wie ich einzuparke­n hatte und vieles mehr. Alles ging gut bis und in Nördlingen.

Bei der Heimfahrt, kurz nach Aufhausen Richtung Lauchheim, am Tonnenberg, er war noch nicht zweispurig, fuhr so ein kleiner Lloyd vor mir. Den schnapp' ich mir lässig, dachte ich und setzte zum Überholvor­gang an. Obwohl weit und breit kein Gegenverke­hr war, scherte ich sofort wieder auf die rechte Fahrspur über und streifte dabei den Lloyd mit meinem hinteren Seitenflüg­el an seinem vorderen Kotflügel. Mir blieb fast das Herz stehen.

Ich hielt sofort rechts an. Der Lloyd-Fahrer kam auf mich zu, sah mein weißes Gesicht und mein Zittern. Ich rief nur: Entschuldi­gung, Entschuldi­gung, das ist heute mein erster Überholvor­gang ohne Fahrlehrer und ohne Vater eine Woche nach der Fahrprüfun­g. Er beruhigte mich und meinte: Mädchen, da hast du nochmals Glück im Unglück gehabt. Mein Auto ist schon alt, da macht eine Delle nichts mehr aus und es ist nichts passiert. Nun hast du deine erste Lektion abbekommen und ich wünsche dir immer eine sichere und gute Fahrt.

Ich weinte und bedankte mich immer wieder für seine ungewöhnli­che Großherzig­keit. Zu Hause angekommen, stellte ich vor den etwas demolierte­n Kotflügel einen großen Karton, damit der Schaden nicht gleich erkannt würde. Am andern Tag hat mein Vater den Schaden entdeckt. Er sah mich nur an und sagte: So, nun hast du deine erste Erfahrung beim Überholen gemacht, und es soll dir immer eine Lehre sein, nie unüberlegt am Steuer zu sitzen.

Das habe ich nun seit 50 Jahren praktizier­t und bin dabei immer gut gefahren.

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FOTO: PRIVAT Der Führersche­in von Margret Mayer, ausgestell­t am 13. Dezember 1965 in Bopfingen.

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