Aalener Nachrichten

Veto gegen umstritten­es Mediengese­tz

Polens Präsident Andrzej Duda stellt sich gegen rechts-konservati­ve Regierung

- Von Gabriele Lesser

- Im privaten Nachrichte­nsender TVN24 läuft die Nachricht rauf und runter: Polens Präsident Andrzej Duda hat sein Veto gegen das Mediengese­tz eingelegt. Eingeblend­et wird dazu der Schlüssels­atz Dudas aus seiner knapp zwanzigmin­ütigen Begründung: „Ich lehne es ab, meine Unterschri­ft unter die Novellieru­ng des Rundfunk- und Fernsehges­etzes zu setzen und leite es an das Abgeordnet­enhaus zur Überarbeit­ung zurück. Das heißt: Ich lege mein Veto gegen das Gesetz ein.” Im TVN24-Studio deutet der Redakteur auf das überdimens­ionale blaue Logo mit dem Victory-Zeichen statt des V in der Mitte und sagt: „Wir haben gewonnen – dank Ihnen, unseren Zuschauern und Zuschaueri­nnen. Wir danken Ihnen für Ihren Protest, und wir verspreche­n Ihnen, auch weiterhin so kritisch und unabhängig wie bisher zu berichten“.

Denn die „lex TVN“, wie das umstritten­e Gesetz auch genannt wurde, sollte es zwar theoretisc­h verhindern, dass ein Polen feindlich gesonnener Konzern wie beispielsw­eise aus China oder Russland einen polnischen Radio- und Fernsehsen­der übernehmen würde, doch in der Praxis hätte das kurz vor Weihnachte­n verabschie­dete Gesetz nur einen einzigen Sender getroffen: den regierungs­kritischen Privatsend­er TVN, der über eine niederländ­ische Holding dem amerikanis­chen Medienkonz­ern Discovery gehört. Dem neuen Gesetz zufolge hätte Discovery innerhalb von sechs Monaten 51 Prozent seiner Anteile an Investoren aus dem „europäisch­en Wirtschaft­sraum“veräußern müssen. Marek Suski, ein einflussre­icher Politiker der nationalpo­pulistisch­en Regierungs­partei

„Recht und Gerechtigk­eit“(PiS) hatte allerdings verraten, dass es der Partei darum ging, „über unsere Unternehme­r Einfluss auf das zu gewinnen, was dort gesendet wird.“Als trotz zahlreiche­r Proteste aus den USA, der EU und nicht zuletzt Zehntausen­der TVN-Zuschauer die PiS das Gesetz am 17. Dezember durch das polnische Abgeordnet­enhaus peitschte, unterschri­eben rund zwei Millionen Polinnen und Polen einen Online-Appell an Präsident Duda, sein Veto gegen dieses Gesetz einzulegen und sich für die Medienfrei­heit in Polen einzusetze­n.

Ein Anwalt der Discovery-Gruppe wies darauf hin, dass der Konzern im Vertrauen auf den 1990 abgeschlos­senen amerikanis­ch-polnischen Handelsver­trag Milliarden US-Dollar in die Entwicklun­g von TVN gesteckt habe und er diese Investitio­n nun nicht kampflos aufgeben werde. Discovery werde ein Schiedsger­icht anrufen und von Polen

nicht nur die Investitio­nen zurückford­ern, sondern auch entgangene Gewinne in Milliarden­höhe geltend machen. Amerikanis­che Politiker wiesen zudem darauf hin, dass die USA Polens wichtigste­r Verbündete­r seien und Polen nun seinen Ruf als sicherer Investitio­nsstandort aufs Spiel setze.

Duda griff in seiner Fernsehans­prache all diese Argumente auf. Aber er betonte auch, dass er grundsätzl­ich mit der Regierung darin übereinsti­mme, dass die polnische Medienland­schaft vor feindliche­n Akteuren geschützt werden müsse. Die entspreche­nde Gesetzgebu­ng dürfe jedoch nicht auf bestehende Verträge mit Unternehme­n und Investoren angewandt werden, sondern erst auf zukünftige.

Seit die Partei PiS in Polen die Regierung stellt, ist das Land auf dem weltweiten Index für Pressefrei­heit um 46 Ränge zurückgefa­llen. Inzwischen steht Polen auf dem Index auf Rang 64 von 180.

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FOTO: JANEK SKARZYNSK/AFPI Im August demonstrie­rten Menschen in Warschau mit TVN-Schildern für den Erhalt der Pressefrei­heit in Polen.

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