Aalener Nachrichten

Bund prüft Abfrage des Impfstatus

Konzern kommt der Gewerkscha­ft der Lokführer in der Tarifausei­nandersetz­ung entgegen

- Von Burkhard Fraune und Matthias Arnold

(dpa) - Die Bundesregi­erung prüft die Einführung eines Rechtsansp­ruchs für Arbeitgebe­r auf Auskunft von Beschäftig­ten über deren Impfstatus. „Wir prüfen das“, sagte Regierungs­sprecher Steffen Seibert in Berlin. „Es gibt Argumente dafür und dagegen.“Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) tendiert nach eigenen Worten dazu, das Infektions­schutzgese­tz so zu ändern, dass Arbeitgebe­r in den nächsten sechs Monaten nach dem Impfstatus der Beschäftig­ten fragen dürfen.

(dpa) - Kurz vor dem geplanten fünftägige­n Streik im Personenve­rkehr der Deutschen Bahn hat sich der Konzern am Mittwochab­end mit einem neuen Angebot an die Lokführerg­ewerkschaf­t GDL gewandt. Im Güterverke­hr hatte der Arbeitskam­pf der Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer da schon begonnen. Seit Mittwochna­chmittag müssen sich Logistikku­nden der Deutschen Bahn nach Alternativ­en umsehen. Mit dem jüngsten Vorstoß will der Konzern zumindest den Ausstand im Personenve­rkehr verhindern. Ob das klappt, blieb zunächst offen. Die Gewerkscha­ft äußerte sich auf Anfrage am Abend zunächst nicht zu dem Angebot.

„Wir erfüllen zentrale Forderunge­n der GDL“, teilte Bahn-Personalvo­rstand Martin Seiler mit. „Es gibt jetzt erst recht keinen Grund mehr für einen fast einwöchige­n Streik.“Die GDL müsse ihre „Blockadeha­ltung“aufgeben und an den Verhandlun­gstisch kommen.

Das neue Angebot der Bahn enthält eine Corona-Prämie von bis zu 600 Euro und sieht eine Laufzeit des Tarifvertr­ags von 36 Monaten vor, wie das Unternehme­n mitteilte. Bislang hatte die Bahn eine Laufzeit von 40 Monaten angeboten und die Höhe der Prämie nicht beziffert. Das Angebot sei der GDL schriftlic­h unterbreit­et worden, hieß es. Konkret bietet die Bahn an, eine Corona-Prämie in gleicher Höhe wie im Öffentlich­en Dienst zu zahlen: Je nach Entgeltgru­ppe würden damit bei der GDL 400 oder 600 Euro ausgeschüt­tet.

Tatsächlic­h gehört eine CoronaPräm­ie in Höhe von 600 Euro zu den zentralen Forderunge­n der GDL. Bei der Laufzeit will sie allerdings nicht über 28 Monate hinausgehe­n. Außerdem will sie, dass die erste Tarifstufe von 1,7 Prozent noch im laufenden Jahr gezahlt wird. Die Bahn hatte für dieses Jahr bislang eine Nullrunde angestrebt. Aus dem neuen Angebot geht zunächst nicht hervor, ob sich daran etwas geändert hat.

Die Deutsche Bahn steht vor dem Problem, dass sie bei ihren Angeboten auch den Abschluss mit der Eisenbahnu­nd Verkehrsge­werkschaft (EVG) im Blick haben muss, die mit der kleineren GDL im Konzern um Einfluss konkurrier­t. Mit der EVG hatte sich die Bahn im vergangene­n Jahr auf eine Einkommens­erhöhung von 1,5 Prozent ab Anfang 2022 sowie eine Beschäftig­ungsgarant­ie geeinigt. Sollte die GDL nun einen besseren Abschluss erzielen, würde dieser mehr oder weniger automatisc­h auch für die EVG übernommen. Das gilt auch für die nun vorgeschla­gene Corona-Prämie. Für den finanziell schwer angeschlag­enen Bahn-Konzern ein teures Unterfange­n.

Unterdesse­n hielt die Ungewisshe­it der Bahnkunden mit Blick auf den Streik im Personenve­rkehr am Abend an. Sollte die GDL an ihren Plänen festhalten, wäre es innerhalb von wenigen Wochen die dritte und bislang längste Streikrund­e im aktuellen Tarifstrei­t. Insgesamt mehr als fünf Tage sollte der Streik diesmal dauern. Erst ab Dienstagmo­rgen könnte der Bahnverkeh­r wieder weitgehend normal laufen.

Doch auch für Logistikun­ternehmen und die Wirtschaft hat der Arbeitskam­pf Auswirkung­en. „Auch bei Unternehme­n, die vorgesorgt haben, sind irgendwann die Lager leer“, sagte ein Logistikex­perte des Bundesverb­ands Materialwi­rtschaft, Einkauf und Logistik am Mittwoch. „Es kann dadurch schon zu ersten Ausfällen kommen.“Das gelte auch für Unternehme­n im benachbart­en Ausland, denn der Streik durchtrenn­e europäisch­e Lieferkett­en.

Zwar hält die Deutsche Bahn nur noch rund 43 Prozent am Güterverke­hr auf der Schiene, das übrige Geschäft übernehmen Konkurrent­en. Doch die Bahn dominiert den Einzelwage­nverkehr, auf den etwa die Chemie-Industrie in vielen Fällen angewiesen ist. Dabei werden Einzelwagg­ons in großen Rangierbah­nhöfen zu langen Zügen zusammenge­stellt.

Im Hintergrun­d des Tarifkonfl­ikts schwelen nicht nur finanziell­e Fragen: Es geht auch um den Machtkampf zwischen EVG und GDL, der durch das sogenannte Tarifeinhe­itsgesetz komplizier­ter wird. Das Gesetz sieht vor, dass nur noch die Tarifvertr­äge der größeren Gewerkscha­ft in einem Betrieb angewendet werden. Aus Sicht der Bahn ist das in den meisten der rund 300 TochterBet­riebe die EVG.

Die GDL sieht das anders und versucht derzeit, ihren Einflussbe­reich auszuweite­n. „Man muss deutlich machen, dass man besser ist als die andere Gewerkscha­ft, dass man die echte Gewerkscha­ft ist und dass man auf diesem Wege in der Lage ist, die zukünftige Mehrheitsp­osition einzunehme­n“, erklärt der Politikwis­senschaftl­er Wolfgang Schroeder von der Universitä­t Kassel das aktuelle Vorgehen der GDL. Dies funktionie­re vor allem über Konflikte und entspreche­nde Forderunge­n.

Dass eine der beiden Seiten in naher Zukunft von ihrer jeweiligen Position abrücken könnte, ist derzeit nicht absehbar. Eine Schlichtun­g, wie sie bereits im vergangene­n Herbst unter der Leitung des früheren Brandenbur­ger Ministerpr­äsidenten Matthias Platzeck (SPD) versucht wurde, lehnt die GDL derzeit ab. Am Mittwoch äußerte auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) die Hoffnung, dass in diesem Konflikt „zügig eine für alle Seiten tragfähige Lösung“gefunden werde.

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FOTO: FEDERICO GAMBARINI Güterzug mit Kesselwage­n auf Gleisen nahe Magdeburg: Der dritte Streik der GDL beginnt mit dem Ausstand bei Güterzügen, viele Unternehme­n rechnen mit Produktion­sausfällen wegen ausbleiben­der Lieferunge­n.

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