Aalener Nachrichten

Beleidigts­ein ist keine Lösung

- Von Katja Korf k.korf@schwaebisc­he.de

Es mögen eher Stolperer sein als Fehltritte, die Annalena Baerbock unterlaufe­n sind. Nebeneinkü­nfte zu spät angegeben, Lebenslauf ungenau, vielleicht auch aufgehübsc­ht, nun schnell ein Buch geschriebe­n und manches offenbar wörtlich übernommen – jedes Mal kann man mit Sicherheit gravierend­ere Verfehlung­en anderer Politiker finden. Allerdings werden die vielen kleinen oder mittelgroß­en Fehler nun zu einem sehr großen Problem für die Grünen und ihre Kanzlerkan­didatin.

Die Partei hat unterschät­zt, was öffentlich jedem und jeder blüht, die sich heute um ein politische­s Spitzenamt bemüht. Das ist unprofessi­onell. Denn der Scheinwerf­erkegel leuchtet erbarmungs­los jede noch so kleine Ecke im Lebenslauf aus. In den sozialen Netzwerken herrscht ein scharfer, oft an die Grenzen des strafrecht­lich Bewehrten reichender Ton. Das ist bedenklich – und mit Sicherheit sind Frauen oftmals einer anderen, übergriffi­geren Art von Kritik ausgesetzt als Männer. Ebenso klar und bedenklich ist auch, dass es gezielte Attacken aus dem Ausland oder interessie­rten politische­n Gruppen geben kann.

Aber wie gesagt: All das trifft nicht allein die Grünen. Die zeichnen sich allerdings von Berlin bis BadenWürtt­emberg durch eine gewisse Ungeduld mit den Medien aus – bis in die Stuttgarte­r Staatskanz­lei hinauf. Kritiker, so meinen offenkundi­g zahlreiche Grüne, haben den Kurs der Partei und ihres Spitzenper­sonals schlicht nicht verstanden. Unwirsch konterte etwa Südwest-Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n jede Frage zum erhebliche­n und damit teuren Personalau­fbau in ebendieser Staatskanz­lei. Auch aus Berlin klingt derzeit viel Empörung. Doch mediale Kritik gehört zum Geschäft, einen Umgang damit zu finden, ebenso. Wohin ein Dauerbelei­digtsein wegen angeblich unberechti­gter schlechter Presse führen kann, ist am Beispiel der Südwest-CDU zu bewundern. Deren Niederlage­n schob die ehemals stärkste Kraft zwei Legislatur­perioden lang zumindest in Teilen auf die Medien, statt nach Problemen in den eigenen Reihen zu suchen. Gebracht hat es nur einen weiteren Absturz in der Wählerguns­t.

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FOTO: IMAGO IMAGES Olle Kamellen? Müssen auch mal sein.
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