Giffey tritt zurück
Familienministerin zieht Konsequenz aus Plagiatsaffäre
(epd) - Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD/Foto: imago images) tritt wegen einer möglichen Aberkennung ihres Doktortitels zurück.
Sie habe Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Kabinettssitzung am Vormittag um die Entlassung aus ihrem Amt gebeten, teilte Giffey am Mittwoch mit. Merkel erklärte, sie habe die Entscheidung „mit großem Respekt und mit ebenso großem Bedauern“entgegengenommen.
Giffey reagiert damit auf den bevorstehenden Abschluss eines erneuten Verfahrens an der FU Berlin zur Überprüfung von Plagiatsvorwürfen gegen ihre Dissertation. Am Plan, Regierende Bürgermeisterin in Berlin zu werden und bei der Wahl im Herbst als SPD-Kandidatin anzutreten, hält die 43-Jährige fest.
- Unerwartet und erwartet zugleich kam dieser Rücktritt. Franziska Giffey (SPD) hatte angekündigt, ihr Ministeramt zur Verfügung stellen zu wollen, falls die Freie Universität ihr den Doktortitel wegen zu schwerwiegender Plagiate in ihrer Doktorarbeit entziehen sollte. Die Uni beließ es zunächst bei einer Rüge, Giffey blieb Familienministerin – bis Mittwoch.
Denn der Fall wurde wieder aufgerollt. „Dies geschah über ein Jahr nach dem abschließenden und rechtskräftigen Verwaltungsakt aus dem Jahr 2019“, ließ Giffey am Mittwoch wissen und verwies noch einmal darauf, sie habe „daraufhin erklärt, meinen Titel nicht mehr zu führen, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens“. Nun sei das neue Prüfverfahren abgeschlossen.
Und Giffey zieht die Konsequenzen. Offiziell tut sie das nicht direkt aus der zu erwartenden Aberkennung des akademischen Titels, sondern „aus dem andauernden und belastenden Verfahren“– und hofft, dass ihre angestrebte Karriere in der Berliner Landespolitik davon ungetrübt bleibt. „Was meine Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahlen betrifft, habe ich immer klar gesagt: Die Berliner SPD und die Berlinerinnen und Berliner können sich auf mich verlassen.“
Der SPD-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, zeigte sich regelrecht begeistert. „So kennt Berlin
Franziska Giffey – regierungserfahren und erfolgreich sowie verbindlich und konsequent. Die Berliner SPD geht nun mit einer Spitzenkandidatin in den Wahlkampf, die sich mit ganzer Kraft auf ihre Herzenssache Berlin konzentriert.“Auch in der BundesSPD hält man zu Giffey. Mit ihrem Rücktritt habe die nunmehrige Ex-Ministerin „Größe“gezeigt, bescheinigt Bundestags-Fraktionschef Rolf Mützenich. Seine Stellvertreterin Katja Mast sieht in Giffey „eine Ausnahmepolitikerin“, deren Qualitäten nicht an einer Dissertation hängen würden.
Ganz anders bewertet das CSUGeneralsekretär Markus Blume. Giffey nehme sich faktisch „nur eine Auszeit“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Der Rücktritt von Frau Giffey war – auch gemessen an anderen Fällen in der Vergangenheit – so zwingend wie konsequent. Weniger konsequent ist dagegen, dass sie an ihrer Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahlen in Berlin festhält.“
Der Politikwissenschaftler Gero Neugebauer hält den Rücktritt der Ministerin für „konsequent und glaubwürdig“. Wer nun den Nachweis führen wolle, Giffey sei nicht mehr geeignet, „als Spitzenkandidatin der Berliner SPD anzutreten, muss schon nachweisen, was der eine Vorgang mit dem anderen zu tun hat, welche Konsequenzen aus dem ‚Schummel‘ für das angestrebte Amt resultieren und dass der Vorgang für das Wahlverhalten politisch relevant ist. Dieses Urteil“, so Neugebauer, „sollte dem Berliner Wahlvolk überlassen werden.“