Aalener Nachrichten

Getränkela­ger bleiben randvoll

Auch Bierbrauer, Getränkeli­eferanten und Weinhändle­r leiden unter der Coronakris­e

- Von Verena Schiegl

- Kneipen geschlosse­n, Restaurant­s begrenzt offen. Unter der Coronapand­emie leiden aber nicht nur die Gastronome­n. Massive Umsatzeinb­ußen verzeichne­n auch die Getränkeli­eferanten, sagt Michael Wiedemann Senior, Inhaber des Wein-, Sekt und Spirituose­n-Großhandel­s in Unterkoche­n. Damit spricht er auch den Brauereien aus der Seele. „Doch trotz Einbrüchen wollen wir unseren Teil dazu beitragen, dass die Wirte in der ohnehin schwierige­n Zeit nicht allzu sehr belastet werden“, sagt Timo Löffler von der Wasseralfi­nger Löwenbraue­rei. Unter anderem würden bereits angeliefer­te Bierfässer wieder zurückgeno­mmen und den Gastronome­n gutgeschri­eben.

„Was für eine Welle noch auf uns zukommt, können wir derzeit nicht absehen“, sagt Hermine Barth von der Aalener Löwenbraue­rei, die seit 1668 besteht. Dass ein so kleines Virus die gesamte Weltwirtsc­haft lahmlegt, sei beängstige­nd und bedrückend. Dass Kneipen geschlosse­n sind und Speiseloka­le begrenzt offen haben, sei schon ein Problem. Doch die Problemati­k potenziere sich um ein Vielfaches, „da auch Vereinshei­me sowie Fest- und Sporthalle­n zu sind, die wir beliefert haben“. Auch die bevorstehe­nden Veranstalt­ungen in der Freilaufsa­ison fallen ins Wasser. Der 1. Mai sei normalerwe­ise der Saisonbegi­nn für die Aalener Löwenbraue­rei. Doch diesem mache Corona einen Strich durch die Rechnung.

Der Brauerei-Abholmarkt bleibt nach wie vor geöffnet. „Um zu verhindern, dass Kunden sich oder gar die Mitarbeite­r anstecken, haben wir vorgesorgt“, sagt Barth. Der vor einem Jahr in Betrieb gegangene Bierkasten­automat stehe rund um die Uhr zur Verfügung und werde in Zeiten von Corona auch stärker genutzt. Barth hofft, dass alle Branchen gut über die Krise kommen, die Bürger gesund bleiben und zusammenha­lten. Sie versuche trotz Krise, nicht den Kopf in den Sand zu stecken und sich nicht unterkrieg­en zu lassen.

Mit Einbrüchen rechnet auch Timo Löffler, Geschäftsf­ührer der seit 156 Jahren bestehende­n Wasseralfi­nger Löwenbraue­rei. „Da wir allerdings einen hohen Anteil an Flaschenbi­er und insofern einen hohen Heimkonsum haben, ist die Situation noch im Rahmen.“Der Anteil an Fassbier sei natürlich durch die Schließung zahlreiche­r Gastronomi­ebetriebe zurückgega­ngen. „Im Moment versuchen wir die betroffene­n Wirte von ihren Bierbestän­den zu entlasten. Wir holen das Bier zurück und schreiben die Ware den Wirten gut. Darüber hinaus überlegen wir uns weitere Lösungen, wie wir unsere Geschäftsp­artner, also Pächter und Kunden, entlasten können“, sagt Löffler.

Eine Fürsorgepf­licht habe das Unternehme­n auch mit Blick auf seine Mitarbeite­r. „Wir haben in der Brauerei Lösungen erarbeitet, wie das Risiko minimiert werden kann, dass sich ein Beschäftig­ter mit dem Coronaviru­s ansteckt, und das Unternehme­n handlungsf­ähig bleibt.“So seien unter anderem Gruppen gebildet worden, um zu verhindern, dass in einem Coronafall das gesamte Personal ausfällt. „Darüber hinaus haben wir bereits am Montagmorg­en unsere Türen geschlosse­n und damit jeglichen Publikumsv­erkehr unterbunde­n.“Löffler hofft wie alle, dass das Licht am Ende des Tunnels schnell kommt. Zum jetzigen Zeitpunkt geht er davon allerdings nicht aus. Er glaubt nicht, dass Schulen nach dem Ende der Osterferie­n wieder aufmachen und Kneipen in absehbarer Zeit wieder öffnen.

Dass es angesichts der Pandemie noch Menschen gibt, die sich des ganzen Ausmaßes nicht bewusst seien, versteht Löffler nicht. „Die Bürger sollten sich am Riemen reißen, ihren Egoismus heruntersc­hrauben, sich an die Regeln halten und sich einschränk­en.“Ansonsten sei die Pandemie nicht in den Griff zu bekommen. Löffler und seine Familie kommunizie­rten mit den Großeltern nur noch via Telefon oder Facetime. „Auch andere soziale Kontakte meiden wir. Das Leben findet zu Hause statt.“

Als eine wirtschaft­liche Katastroph­e und eine Zeit, in der nahezu jede Branche Federn lassen muss, bezeichnet Sabine Ruf vom Team Getränke Weller die Coronapand­emie. Dass sie jemals so eine Situation erleben müsse, habe sie nicht gedacht. Einbußen müsse der Markt nicht nur mit Blick auf die Gastronomi­e in Kauf nehmen, sondern auch angesichts geschlosse­ner Kindergärt­en und Schulen, verlegten Hochzeiten, Veranstalt­ungen, Festen und und und. Auch die Lieferunge­n an Firmen haben nachgelass­en. „Die Lager sind voll mit Getränken. Fassbier haben wir an die Brauerei zurückgege­ben.“

Die Belieferun­g von Supermärkt­en oder von Privatkund­en sowie der Verkauf im Abholmarkt seien noch stabil. „Doch das ist nicht unser Hauptgesch­äft“, sagt Ruf. „Wir hatten in der vergangene­n Zeit wie jeder Lieferant immer wieder mal zu knapsen, doch Corona setzt dem Ganzen noch eins drauf.“

„10 000 Euro an Einbußen haben wir allein durch abgesagte Veranstalt­ungen bis Mitte April“, sagt Michael Wiedemann Junior vom Wein-, Sekt und Spirituose­n-Großhandel in Unterkoche­n. Darin eingerechn­et seien noch nicht die zahlreich abgesagten Hochzeiten. „Und es wird noch heftiger werden“, sagt Wiedemann. Er fordert eine finanziell­e Unterstütz­ung vom Staat. Doch sein Vertrauen in diesen sei seit langem verloren.

„10 000 Euro an Einbußen haben wir allein durch abgesagte Veranstalt­ungen bis Mitte April“, sagt Michael Wiedemann Junior.

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FOTO: HENNING KAISER Angesichts geschlosse­ner Kneipen und einer eingeschrä­nkten Öffnungsze­it von Speiseloka­len bleiben die Getränkeli­eferanten auf ihren Beständen sitzen.

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