Das Virus, die Zinsen und der Goldpreis
Corona wirkt sich auch auf die Börsen aus – Wie Anleger auf globale Krisen reagieren
- Anhand der Ausbreitung des Corona-Virus kann man nicht nur einiges über Pandemie, Panikmache und Populismus lernen. Die Auswirkungen der Lungenkrankheit auf Zinsen oder Goldpreis zeigen auch beispielhaft wie Kapitalmärkte auf globale Unsicherheiten reagieren. Kaum war das Virus in der Welt, schon begannen die Anleger an den Börsen damit, sichere Anlagen aufzukaufen. Und wieder einmal haben die Börsen hier ihren Ruf als Frühwarnsystem bewiesen. Neben amerikanischen Staatsanleihen sind seitdem Bundesanleihen stark gefragt, die aufgrund ihrer Spitzenbonität stets als sicherer Hafen für Investoren gelten. Und wenn ein Gut beziehungsweise ein Wertpapier stark nachgefragt wird, nimmt sein Preis zu. Die Kehrseite davon ist, dass seine Rentabilität sinkt, da der Zinskupon, mit dem das Wertpapier ausgestattet ist, gleichbleibt.
Im Zuge dieser Entwicklung fielen also die Renditen von US-Treasuries auf bis zu 1,50 Prozent. Die Crux bei den ohnehin schon negativen Renditen deutscher Staatsanleihen war, dass diese noch weiter in den roten Bereich hinabglitten. Nachdem Mitte Januar die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen kurzzeitig minus 0,16 Prozent betragen hatte, ist der Wert aufgrund der anhaltenden Unsicherheit und der damit verbundenen steigenden Nachfrage vergangene Woche auf bis zu minus
0,435 Prozent zurückgegangen. Viele Anleger nehmen also in Kauf, dass sie auf die Dauer von zehn Jahren weniger zurückbezahlt bekommen, als sie heute investieren. Sicherheit hat eben ihren
Preis. Wenn aber mehr Anlegergelder in die sicheren Anlagehäfen („Safe Haven“) fließen, stehen sie anderen Märkten nicht mehr zur Verfügung. Deshalb herrscht am Aktienmarkt auch eine gewisse Verunsicherung, die sich unter anderem in einer höheren Schwankungsbreite (Volatilität) ausdrückt.
Abzulesen ist die Entwicklung für die deutschen Staatsanleihen am sogenannten Euro-Bund-Future, den der Corona-Virus auf 175 Punkte in die Höhe schnellen ließ. Bei dieser Kennzahl handelt es sich um eine fiktive Bundesanleihe mit sechsprozentiger Verzinsung und zehn Jahren Laufzeit. Je höher die Nachfrage, desto höher der Bund-Future – und desto niedriger die Verzinsung beziehungsweise die Rendite. Der Bund-Future gilt als wichtigster Indikator für die Zinsentwicklung am Rentenmarkt. Damit meint man aber nicht die finanzielle Altersabsicherung, vielmehr bezieht sich der Begriff Rentenmarkt auf den Teil der internationalen Finanzmärkte, an dem
Anleihen gehandelt werden. Der Wunsch nach Sicherheit lässt sich auch an der Nachfrage nach einem anderen „Safe Haven“ablesen – dem gelben Metall Gold, das in der Spitze auf 1589,65 US-Dollar (20. Februar) je Feinunze (31,10 Gramm) gestiegen war, bevor er wieder etwas zurückgegangen ist. Dennoch befindet sich damit das gelbe Edelmetall auf dem höchsten Niveau seit sieben Jahren. „Die Verbreitung des Corona-Virus bringt eben viele offene Fragen mit sich“, sagt dazu Frank Mohr, Edelmetall-Experte von der Commerzbank. Kein Wunder also, dass auch GoldZertifikate wie Xetra Gold oder Euwax Gold derzeit stark gefragt sind. Und schon sehen so manche Goldexperten binnen Jahresfrist den Preis für das Edelmetall auf 1700 US-Dollar und mehr steigen. Doch ist der Goldpreis, dessen Höhenflug bereits im November begonnen hat, auch an die Zinsentwicklung gekoppelt. Denn je niedriger der Zins, desto attraktiver wird Gold, für das es ja weder Zinsen noch Dividenden gibt, sondern eher noch Lagerkosten produziert. Und das bedeutet, solange der Zins auf der Nulllinie verharrt, stehen die Zeichen für Gold weiter eher günstig.
Auf der Suche nach Rendite haben Anleger inzwischen griechische Staatsanleihen neu entdeckt. Nachdem zehnjährige Hellas-Bonds 2015 noch mit 14 Prozent verzinst waren, rentieren sie derzeit 1,168 Prozent. Damit liegt der Renditespread oder Risikoaufschlag, also der Abstand zur Bund-Rendite, bei 1,603 Prozentpunkten. Das veranschaulicht, wie sehr der Zins ein Preis für Risiko ist. Auslöser für den griechischen Aufwind war die Hochstufung der Kreditwürdigkeit des Landes durch die US-Ratingagentur Fitch. Dies bedeutet, dass man Hellas mehr vertraut und das Land deshalb weniger Zins an den Kapitalmärkten bezahlen muss, um sich künftig über Staatsanleihen Geld zu leihen. Der Hafen von Piräus ist ein bisschen „safer“geworden.