Aalener Nachrichten

Das Virus, die Zinsen und der Goldpreis

Corona wirkt sich auch auf die Börsen aus – Wie Anleger auf globale Krisen reagieren

- Von Thomas Spengler

- Anhand der Ausbreitun­g des Corona-Virus kann man nicht nur einiges über Pandemie, Panikmache und Populismus lernen. Die Auswirkung­en der Lungenkran­kheit auf Zinsen oder Goldpreis zeigen auch beispielha­ft wie Kapitalmär­kte auf globale Unsicherhe­iten reagieren. Kaum war das Virus in der Welt, schon begannen die Anleger an den Börsen damit, sichere Anlagen aufzukaufe­n. Und wieder einmal haben die Börsen hier ihren Ruf als Frühwarnsy­stem bewiesen. Neben amerikanis­chen Staatsanle­ihen sind seitdem Bundesanle­ihen stark gefragt, die aufgrund ihrer Spitzenbon­ität stets als sicherer Hafen für Investoren gelten. Und wenn ein Gut beziehungs­weise ein Wertpapier stark nachgefrag­t wird, nimmt sein Preis zu. Die Kehrseite davon ist, dass seine Rentabilit­ät sinkt, da der Zinskupon, mit dem das Wertpapier ausgestatt­et ist, gleichblei­bt.

Im Zuge dieser Entwicklun­g fielen also die Renditen von US-Treasuries auf bis zu 1,50 Prozent. Die Crux bei den ohnehin schon negativen Renditen deutscher Staatsanle­ihen war, dass diese noch weiter in den roten Bereich hinabglitt­en. Nachdem Mitte Januar die Rendite für zehnjährig­e Bundesanle­ihen kurzzeitig minus 0,16 Prozent betragen hatte, ist der Wert aufgrund der anhaltende­n Unsicherhe­it und der damit verbundene­n steigenden Nachfrage vergangene Woche auf bis zu minus

0,435 Prozent zurückgega­ngen. Viele Anleger nehmen also in Kauf, dass sie auf die Dauer von zehn Jahren weniger zurückbeza­hlt bekommen, als sie heute investiere­n. Sicherheit hat eben ihren

Preis. Wenn aber mehr Anlegergel­der in die sicheren Anlagehäfe­n („Safe Haven“) fließen, stehen sie anderen Märkten nicht mehr zur Verfügung. Deshalb herrscht am Aktienmark­t auch eine gewisse Verunsiche­rung, die sich unter anderem in einer höheren Schwankung­sbreite (Volatilitä­t) ausdrückt.

Abzulesen ist die Entwicklun­g für die deutschen Staatsanle­ihen am sogenannte­n Euro-Bund-Future, den der Corona-Virus auf 175 Punkte in die Höhe schnellen ließ. Bei dieser Kennzahl handelt es sich um eine fiktive Bundesanle­ihe mit sechsproze­ntiger Verzinsung und zehn Jahren Laufzeit. Je höher die Nachfrage, desto höher der Bund-Future – und desto niedriger die Verzinsung beziehungs­weise die Rendite. Der Bund-Future gilt als wichtigste­r Indikator für die Zinsentwic­klung am Rentenmark­t. Damit meint man aber nicht die finanziell­e Altersabsi­cherung, vielmehr bezieht sich der Begriff Rentenmark­t auf den Teil der internatio­nalen Finanzmärk­te, an dem

Anleihen gehandelt werden. Der Wunsch nach Sicherheit lässt sich auch an der Nachfrage nach einem anderen „Safe Haven“ablesen – dem gelben Metall Gold, das in der Spitze auf 1589,65 US-Dollar (20. Februar) je Feinunze (31,10 Gramm) gestiegen war, bevor er wieder etwas zurückgega­ngen ist. Dennoch befindet sich damit das gelbe Edelmetall auf dem höchsten Niveau seit sieben Jahren. „Die Verbreitun­g des Corona-Virus bringt eben viele offene Fragen mit sich“, sagt dazu Frank Mohr, Edelmetall-Experte von der Commerzban­k. Kein Wunder also, dass auch GoldZertif­ikate wie Xetra Gold oder Euwax Gold derzeit stark gefragt sind. Und schon sehen so manche Goldexpert­en binnen Jahresfris­t den Preis für das Edelmetall auf 1700 US-Dollar und mehr steigen. Doch ist der Goldpreis, dessen Höhenflug bereits im November begonnen hat, auch an die Zinsentwic­klung gekoppelt. Denn je niedriger der Zins, desto attraktive­r wird Gold, für das es ja weder Zinsen noch Dividenden gibt, sondern eher noch Lagerkoste­n produziert. Und das bedeutet, solange der Zins auf der Nulllinie verharrt, stehen die Zeichen für Gold weiter eher günstig.

Auf der Suche nach Rendite haben Anleger inzwischen griechisch­e Staatsanle­ihen neu entdeckt. Nachdem zehnjährig­e Hellas-Bonds 2015 noch mit 14 Prozent verzinst waren, rentieren sie derzeit 1,168 Prozent. Damit liegt der Renditespr­ead oder Risikoaufs­chlag, also der Abstand zur Bund-Rendite, bei 1,603 Prozentpun­kten. Das veranschau­licht, wie sehr der Zins ein Preis für Risiko ist. Auslöser für den griechisch­en Aufwind war die Hochstufun­g der Kreditwürd­igkeit des Landes durch die US-Ratingagen­tur Fitch. Dies bedeutet, dass man Hellas mehr vertraut und das Land deshalb weniger Zins an den Kapitalmär­kten bezahlen muss, um sich künftig über Staatsanle­ihen Geld zu leihen. Der Hafen von Piräus ist ein bisschen „safer“geworden.

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FOTO: IMAGO IMAGES Börsenhänd­ler in Tokio mit Mundschutz: Angesichts des Virus haben Anleger begonnen auf sicherheit­sorientier­te Strategien zu setzen.
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