Die Not ist der beste Koch
Bezeichnend ist es ja schon, dass plötzlich das alte Kochbuch von Georgina Landemare aus Kriegszeiten in Großbritannien wieder auf den Bestsellerlisten steht. Vielleicht rechnen die Brexitarier damit, von den kulinarischen Segnungen des Festlands fürderhin abgeschnitten zu sein. Jedenfalls kochte Georgina Landemare für den Kriegspremier Winston Churchill, was dem sehr gut bekam, überlebte er den Krieg doch gut genährt.
Das britische Essen landet bei internationalen Befragungen auch zu Friedenszeiten eher selten auf den vordersten Rängen. Inwiefern Mrs. Landemare daran eine Mitschuld trägt, bleibt unklar. Sicher ist nur, dass Mr. Churchill – von den Geschichtsbüchern als strategisches Genie gefeiert – nicht immer den rechten Überblick hatte, was folgende Anekdote belegt. Der Überlieferung nach sei er eines Tages zu seiner Köchin gekommen, während diese die zugeteilten Lebensmittel sortierte. „Das ist doch gar keine so schlechte Ration!“, soll der Hausherr aufmunternd ausgerufen haben, während Mrs. Landemare diskret genug war, ihm zu verschweigen, dass die kärglichen Fressalien nicht für den einen Tag, sondern die ganze Woche rationiert waren.
Wie es mit den Briten jetzt kulinarisch nach ihrer Extraportion Vaterlandsund Empire-Liebe weitergeht, ist unterdessen noch völlig offen. Winston Churchill hat einmal gesagt, „der Magen regiert die Welt“. Was in Boris Johnsons Bauch vor sich geht, will man lieber nicht so genau wissen seit klar ist: Bauchentscheidungen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. (nyf)