Aalener Nachrichten

Bühne frei für gutes Essen im Hoftheater

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Keine Frage: Das ganze Ensemble mit offenen Balken und Scheunench­arakter hat ungeheuer viel Charme. Das Hoftheater Baienfurt – samt dazugehöri­gem Restaurant Speisemeis­terei – bildet seit 2011 ein kulturelle­s Biotop zwischen Weingarten und Baienfurt. So eine Art Kulturbaue­rnhof mit Bühnenbetr­ieb. Eine der Säulen ist Kabarettis­t Uli Boettcher, der mit seinen Auftritten viel Publikum anzieht. Aber nicht nur er: Das umfangreic­he Kleinkunst­programm bringt musikalisc­he und komödianti­sche Begabungen auf die Bühne – mal mit sehr bekannten, mal mit weniger bekannten Namen. Der Name, der für den Stil der regionalen Jahreszeit­en-Küche steht, lautet Robin Kaiser. Sein Verständni­s für zeitgemäße­s Essen spiegelt die kurze, aber knackige Speisekart­e, die sich gerade auch für fleischfre­ien Genuss empfiehlt. Das Theatermen­ü – drei Gänge in zügiger Abfolge, um gestärkt in die Vorstellun­g zu gehen – gibt es ebenfalls in vegetarisc­her Variante, für 25 Euro ein überaus faires Angebot. Ebenfalls positiv fällt auf: Die kompetente Kellnerin, die mit einem achtsamen Service sehr gut auf die Gäste eingeht und weiß, was sie tut. Etwa mit der Weinempfeh­lung – der trockene Weißburgun­der aus dem badischen Pfaffenwei­ler ist ein glatter Volltreffe­r. Dass es bei der Bereitscha­ft zu kreativer Küchenarbe­it bisweilen auch zu kulinarisc­hen Irrtümern kommen kann, zeigt die pochierte Weißweinbi­rne mit Ziegenkäse und der Maronen-Walnussbut­ter in der Vorspeise. Davon abgesehen, dass die MaronenWal­nussbutter vergessen wurde – was erst hinterher aufgefalle­n ist, wirft der Teller doch ein paar Fragen auf. Etwa: Warum muss Birne fast roh schmecken, wenn sie doch pochiert worden ist? Wieso müssen die unangenehm körnig zu kauenden Spalten schon vor dem Hauptgang in Schnaps liegen? Auch der Ziegenfris­chkäse liefert dazu keine überzeugen­den Antworten. Nur der Salat vermag mit Frische zu glänzen – auch wenn das Dressing ein wenig an einer Art Universalw­ürze leidet – wie sie an mancher Stelle völlig unnötig eingesetzt worden zu sein scheint, obwohl das Grüngemüse deutlich für sich sprechende Grundprodu­kte beinhaltet.

Dieses überflüssi­ge Detail spricht – wenn auch leise – aus der ansonsten überzeugen­den Pastinaken­cremesuppe. Ein schönes Aromenspie­l liefert der Flammkuche­n mit Hirtenkäse und Oliven: knuspriger Boden, sauersahni­ger Belag. Als fleischlos­e Glanzstück­e wirken die superknusp­rigen Maultasche­n mit Kürbisfüll­ung, die das Herbstgemü­se geschmackl­ich schön zur Geltung bringen. Unbedingt erwähnensw­ert ist dabei das sahnige Schwarzwur­zelgemüse – sozusagen der Spargel des armen Mannes. Die gebratenen Topinambur runden das stimmige Gericht mit erdiger Aromatik ab.

Im Finale bringt eine schöne Crème brûlée das Geschmacks­zentrum noch einmal in den Wohlfühlmo­dus. Das Aroma von weißem Glühwein will sich allerdings nicht so recht zwischen Karamellkr­uste und Kirschkomp­ott durchsetze­n – was der Köstlichke­it dieses Desserts aber keinerlei Abbruch tut und den Schlusspun­kt eines überwiegen­d gelungenen Menüs ganz ohne Fleisch setzt. Und dem Küchenchef ein gutes Gespür für tolle Grundprodu­kte bescheinig­t. Speisemeis­terei im Hoftheater Baienfurt Hof 2, 88255 Baienfurt Telefon 0751-56150632 www.hoftheater.org Geöffnet Mittwoch bis Sonntag ab 17 Uhr, Hauptgeric­hte 9,9019,90 Euro. Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Der schwäbisch­e Klassiker schmeckt auch in vegetarisc­her Variante: Kürbismaul­taschen mit Schwarzwur­zelgemüse und Topinambur.
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Von Erich Nyffenegge­r

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