Hochgelobtes Bahnprojekt in Gefahr, weil Hersteller Bombardier Züge zu spät liefert
BERLIN (dot/sz) - Ein hochgelobtes Pilotprojekt Baden-Württembergs ist in Gefahr: Eigentlich sollten die privaten Bahnbetreiber Abellio Rail und Go-Ahead ab Juni die drei zentralen Stuttgarter Netze vom Ex-Monopolisten DB übernehmen. Doch es gibt massive Probleme. Der Hersteller Bombardier kann nicht genügend Züge für das Vorhaben liefern. Sauer darüber ist Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), der die Voraussetzungen für das Projekt geschaffen hatte. „Wir hatten im System viele Zeitpuffer eingebaut. Bombardier hat uns falsch informiert, denn sie meinten, liefern zu können. Das Ganze ist ärgerlich“, sagte Hermann am Mittwoch in Berlin.
Nur zehn von 16 zugesagten Regionalzügen kann der kanadische Hersteller bis zum Sommer auf die Strecke bringen. Grund für die Verzögerung: Die Software, die bei den Talent-3-Bahnen eingesetzt werden soll, hat Mängel. Sie sind so massiv, dass das Eisenbahnbundesamt die Züge nicht genehmigen konnte. Bereits ab 9. Juni sollen die ersten Bahnen betrieben durch Abellio auf den Regionallinien von Stuttgart nach Heidelberg sowie von Stuttgart nach Bruchsal fahren. Insgesamt übernimmt die Tochter der niederländischen Staatsbahn sechs Regionallinien des Stuttgarter Netzes von der DB.
Bei der Opposition sorgt die Verspätung für heftige Kritik an Verkehrsminister Hermann. „So blauäugig darf ein Verkehrsminister beim besten Willen nicht agieren“, teilte der Ulmer Landtagsabgeordnete Martin Rivoir mit, der für die SPD im Verkehrsausschuss sitzt. Rivoir warf dem Minister vor, Bombardier nicht „engmaschig“genug kontrolliert zu haben – zumal, so Rivoir, „wenn allseits bekannt ist, dass Bombardier nicht immer ein zuverlässiger Partner ist.“Die Landtagsfraktionen von SPD und FDP/DVP hätten eine Sondersitzung des Verkehrsausschusses beantragt, um dem Thema auf den Grund zu gehen.
Solange Bombardier noch nicht genügend Züge geliefert hat, wird der künftige Netzbetreiber Abellio die Bahnen der DB und der AlbtalVerkehrs-Gesellschaft (AVG), deren Eigentümer die Stadt Karlsruhe ist, mitnutzen, sagte Verkehrsminister Hermann am Mittwoch.