„So haben wir ein Lager noch nie gebaut“
Bürger und Experten im Gespräch über den geplanten Neubau der Papierfabrik Palm in Unterkochen
AALEN-UNTERKOCHEN - Viele Informationen und Gespräche, Nachfragen – manchmal auch kritische – bei den Experten und Gutachtern, aber überhaupt keine echten „Aufreger“oder völlige Ablehnungsbekundungen mehr – so ist der zweite Teil der Bürgerversammlung in der Unterkochener Festhalle zum geplanten Neubau der Papierfabrik Palm verlaufen. Gegen 20.45 Uhr hat sich denn auch das „Volk“im Saal mehr oder weniger aufgelöst.
Nach der gut einstündigen Präsentation des aktuellsten Planungsstands für das 500-Millionen-EuroProjekt (wir haben aktuell ausführlich berichtet) war der Saal sozusagen friedlich geräumt worden – die Bestuhlung wurde beiseite geschafft, um Platz zu schaffen für mehrere Themeninseln zu den wichtigsten Aspekten des Papierfabrik-Neubaus: Verkehr, Lärmschutz, Mikroklima und Lufthygiene, Architektur sowie Umwelt mit Natur und Landschaft waren die verschiedenen Stände überschrieben, allesamt mit Info-Tafeln, Schaubildern, Plänen und Animationen bestückt. An ihnen konnten sich die Besucher gesprächsweise und gemeinsam mit den für jedes Thema zuständigen Experten und Verantwortlichen von Ingenieur-, Gutachter- und Planungsbüros sowie von der Stadt und der Papierfabrik Palm quasi auf einer großen Tour durch den Saal Stück für Stück abarbeiten.
Fast eine Wette auf den spitzen Winkel
Eine Frage, die dabei immer wieder auftauchte: Funktioniert die von Firmenchef Wolfgang Palm entwickelte Idee wirklich, die Zufahrt zum geplanten Parkplatz für die täglich 400 Lkw in einem so spitzen Winkel zu gestalten, dass sie über die Aalener Straße, durch Unterkochen durch, überhaupt nicht benutzbar ist, sondern nur via B19, Industrie- und Kochertalstraße? Ja, sagte etwa Verkehrsplaner Manfred Brenner und wollte dafür sogar eine Flasche Champagner verwetten. Worauf sich der kritische Nachfrager am Ende dann doch nicht einließ.
Beim Thema Lärmschutz mussten die Experten mehrfach deutlich machen, dass die Firma Palm für den Lärm, der von der Bahnlinie und vom restlichen Verkehr auf der Aalener Straße zum dortigen Wohngebiet herüberdringt, nun wirklich nicht verantwortlich ist. Was im Übrigen auch für den Lärm von der B19 zur Triumphstadt hinüber gelte.
Viel und lange, so erklärte der Fachmann am Themenstand Architektur, sei im Vorfeld über die Farbe der Fassade vor allem des 157 Meter langen neuen Papierrollenlagers parallel zu Kocher und Aalener Straße diskutiert worden. Mit einem dreifach abgestuften, nach oben immer leichter werdenden Grau werde man den Eindruck eines mächtigen Gebäuderiegels ebenso vermeiden können wie mit einer „Portionierung“der Fassade an der Ecke zur Ortsmitte hin durch lange, hohe Fensterflächen, die zudem eine optische Verbindung zwischen Innen und Außen schafften. So etwas, so der Planer, habe man für ein reines Lagergebäude noch nie gebaut, es sei für diesen Zweck absolut unüblich. Der hohe architektonische und finanzielle Aufwand dafür lohne sich aber zugunsten des gewünschten, guten Gesamteindrucks. Zu dem auch die Gestaltung der Fassade aus blechernen Längslamellen in unterschiedlichen Breiten beitragen werde, was für eine zusätzliche Auflockerung sorgen werde.
Was die künftige Geruchsbelästigung durch die Firma Palm anbelangt, sprach der zuständige Experte von einer „irrelevanten Belastung“, weil sie nicht mehr als zwei Prozent der Jahresstunden betragen werde, in denen Geruchsimmissionen überhaupt wahrgenommen würden. Das sei im Vergelich zur bisherigen Situation eine deutliche Reduzierung. Zumal auch die Reststoffe aus der Papierherstellung künftig in einem geschlossenen Bunkersystem landen würden, dessen Abluft komplett gereinigt und dann abgeleitet werde. Die Abfüllung der Reststoffe in Lkw zum Abtransport werde ebenfalls in einem geschlossenen System erfolgen.
Ökologie: Viel Ausgleich auf dem Werksgelände
Die Größe der versiegelten Flächen wird bei der neuen Papierfabrik von jetzt 15 auf dann 18 Hektar anwachsen. Die entfallenden unversiegelten Flächen müssen ausgeglichen werden, ein Großteil dieses Ausgleichs sei auf dem Werksgelände möglich, wie Robert Jenewein, Abteilungsleiter im Grünflächen- und Umweltamt der Stadt, den Besuchern erklärte. Dabei werde auch das komplette Dach des neuen Papierrollen lagers begrünt werden. Vorausschauend habe Palm, so Jenewein weiter, über Jahre hinweg auf Unter kochen er Gemarkung bereits landwirtschaftlich genutzte Flächen aufgekauft und weiterverpachtet. Im Zuge des geforderten Ausgleichs im Sinne einer ökologischen Boden verbesserung werde sich auf diesen Flächen eine arten arme Intensiv grün bewirtschaftung in ein artenreiches Extensiv grün verwandeln, was alles schon vorgeplant und so besprochen sei, sagte Jenewein.