Sackgasse Röntgenstraße
Ausbau Iso-Chemie: Anliegerfirmen fürchten um ihre Geschäftsfähigkeit.
AALEN - In der Röntgenstraße hängen an einigen Fassaden rote Plakate mit einer dicken weißen Schrift: „Gleichheit aller Anwohner“. Anliegerbetriebe haben sich Luft gemacht und dem Gemeinderat bei einem Vor-Ort-Termin erklärt, welche Nachteile sie von einem Ausbau der Firma Iso-Chemie hätten. Viele der Unternehmen fürchten einen Platzmangel in der Straße, an der schon jetzt an beiden Seiten viele Autos geparkt sind.
Es gibt mehrere Varianten, wie die Röntgenstraße verlaufen könnte, wenn Iso-Chemie ausbaut. Die Stadt präferiert allerdings die vieldiskutierte Lösung mit einem Wendehammer. Dann wird die Röntgenstraße zur Sackgasse. Bei anderen Versionen würde sie zwar weiterhin eine Durchfahrtsstraße bleiben, allerdings werde dann durch die geänderte Wegführung sehr verschwenderisch mit dem Platz umgegangen, berichtet der erste Bürgermeister Wolfgang Steidle. Daher die Sackgassen-Lösung: „Auch wenn sie für manche Anlieger erhebliche Nachteile hat.“
Laster liefern sich ein Duell
Der Wendehammer soll in etwa einen Durchmesser von 27 Meter haben, sagt Steidle. Gefordert seien nur 25 Meter. Um die These zu untermauern, begeben sich die Räte und Anwohner auf das Werksgelände von Iso-Chemie. Ein Laster wartet, um seine Wendefähigkeit auf dem begrenzten Platz zur Schau zu stellen – er tut das und wendet ein paar Mal in nicht eben zurückhaltendem Tempo. Die Gruppe schaut sich das Manöver an, dann legt Spediteur Rolf Gregg nach. Auch er bestellt einen Laster, der demonstrieren soll, wie schwierig es mit vollbeladenenem Hänger ist, von der Röntgenstraße nach links auf die RobertBosch-Straße abzubiegen. „Bis ein 40-Tonner mal in Fahrt kommt – das dauert.“Und über die Kuppel kämen ständig Autos mit hoher Geschwindigkeit, die wenig Lust hätten, zu warten.
Vier Millionen Verlust
„Die Grundstücke verlieren dadurch zwischen 25 bis 30 Prozent an Wert“, sagt Reinhold Schneider zum geplanten Umbau. Das seien etwa vier Millionen Euro. Er selbst vermietet eine Fläche an Biomin. „Die Mieter legen großen Wert auf die freie Fahrt.“Werde die Straße zur Sackgasse, befürchte er, dass sich seine Mieter, wenn der Pachtvertrag in zwei Jahren ausläuft, aus der Röntgenstraße zurück ziehen. „Die Frage ist, ob die Stadt mit Iso-Chemie nur auf ein Pferd setzen will.“Aber er habe die Straße mitfinanziert und sehe nicht ein, dass die Stadt ihm dies wieder wegnehme.
Er stehe aktuell in Verhandlungen mit der Familie Deiß, berichtet Erwin Ziegler von dem benachbarten IT-Unternehmen EZ-Con. Er müsse ebenfalls expandieren und benötige mehr Parkplätze. Trete ihm die IsoChemie den benötigten Platz ab, dann seien seine Sorgen vom Tisch.
„Ich habe hier gebaut, um die Firma gut anfahren und um expandieren zu können“, sagt Eduard Newerkla, der eine Raumausstattungsfirma hat. Er sei der einzige, der einen Parkplatz miete. Deshalb stünden die Autos seiner Mitarbeiter bisher nicht an der Straße. Sollte ihm aber der Vertrag einst gekündigt werden – „dann hab ich große Probleme – und niemand der mir hilft“. Friedrich Klein hat sein Büro und eine Gießerei direkt daneben. Er merkt an, dass im Jahr etwa 100 000 Kilometer zusätzlich gefahren würden, wenn man den Umweg fahren müsse, statt den bisherigen Weg zu nehmen.
„Weniger Störungen für andere“
Charlotte Helzle vom Hema Elektronik berichtet, dass die Straße immer komplett dicht sei, wenn sie mittags von ihrem Gelände fahre. Sie selbst habe – als Mikroelektronikunternehmen – kein Platzproblem. „Wir brauchen eine zusammenhängende Logistik- und Produktionsfläche“, begründet Iso-Chemie-Firmenchef Martin Deiß seinen Anspruch. Der Anschluss des Jedele-Geländes sei nur sinnvoll, wenn dieser Teil der Röntgenstraße frei überbaut werden könne. Unterführungen oder Brücken funktionierten nicht, weil die Höhenunterschiede zu groß seien. Und wenn die Laster seines Unternehmens nicht mehr auf dem öffentlichen Teil der Röntgenstraße unterwegs seien, gebe es weniger Störungen für die anderen.
Verkehr bisher im Rahmen
Die Stadt hat ein Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben, das den fließenden Verkehr untersucht hat. Nach Aussage von Ulrich Noßwitz, der die Untersuchung gemacht hat, steht dem Umbau nichts im Wege. Bisher seien etwa 900 Fahrzeuge dort unterwegs, nach den Richtlinien dürften es 4500 sein. Allerdings müsse man noch einen weiteren Schritt gehen und den ruhenden, also parkenden Verkehr untersuchen. Was er noch nie erlebt habe, dass eine der Kameras, die den Verkehr aufzeichnen sollte, wieder abmontiert wurde. Reinhold Schneider stellte infrage, ob solche Kameras aus Sicht des Datenschutzes überhaupt zulässig sei. „Wir erwägen noch, hier eine Anzeige zu erstatten.“