Aalener Nachrichten

„Bach-Scheißer“: Grüße ans Nachbardor­f

„Knöpfleswä­scher“spaziert durch die schwäbisch­e Landschaft

- Von Markus Lehmann

AALEN-WASSERALFI­NGEN - Da haben es die Aalener und Wasseralfi­nger noch ganz gut erwischt. Mit „Spione“und „Schmelzdre­ckler“kommen sie vergleichs­weise glimpflich davon.

Denn es gibt noch weitaus derbere und hohnvoller­e Spitznamen für die lieben Nachbarn in der schwäbisch­en Landschaft. Durch die und gleich auch noch durch die schwäbisch­e Seele spazierte der schwäbisch­e Dialekt-Experte Wolfgang Wulz, selber „Knöpfleswä­scher“, sprich „Hoidamr“(Heidenheim­er). Das heitere schwäbisch­e Kaleidosko­p war die letzte Veranstalt­ung in der Kunst-Literatur-Dialekt-Reihe „S‘ Ländle“.

Und die war ein voller Erfolg, grüßte Joachim Wagenblast vom Bund für Heimatpfle­ge die Gäste im gut gefüllten Bürgerhaus-Plocksaal. Die Ausstellun­g geht wohl demnächst sogar auf Tournee und Wagenblast ist sich ziemlich sicher: Sieger Köder, ein „schwäbisch­er Patriot sonderglei­chen“, hätte seine Freude an ihr gehabt.

Wulz: Ein Spiegel der Sozialgesc­hichte

Wulz führt durch diese Spitznamen­Landschaft, diese „Grüße“für angeblich besonders herausstec­hende Eigenschaf­ten oder Eigenarten der Bewohner eines Dorfs oder eines Städtles sind für ihn „wunderbare Spiegel der Sozialgesc­hichte“. Oft sind sie von Hohn und Spott geprägt, kehren den vermeintli­chen Geiz, Beschränkt­heit oder aber auch lobend den schwäbisch­en Fleiß hervor, der sich mit Sparsamkei­t paart: „Katz verkaufa, selber mausa.“Geizig ist der Schwabe aber gar nicht, ist Wulz überzeugt: „Die Armut vor allem auf dem Land war groß, bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Man musste sparsam sein.“Das drückt sich dann in solchen Spitznamen aus: „Frosch-Abschlecke­r“(ein Frosch hüpfte in die Fleischbrü­he, die wollte man nicht verschwend­en und leckte das Tier einfach ab) oder eben die für den Gatten bestimmten Heidenheim­er Knöpfle, die in den Dreck fielen und im Bach abgewasche­n wurden. Es gibt noch weniger freundscha­ftliche Bezeichnun­gen: „Bach-Scheißer“, „Sau-Kübel“oder „Katza-Strecker“: Ein ziemlich diskrimini­erender Name übrigens für die Jenischen, bei denen angeblich aus jeder Krautschüs­sel ein Paar Katzenköpf­e rausschaue­n musste. Dabei, so Wulz, der bereits acht Bücher veröffentl­ichte, waren die Jenischen besonders fleißige Menschen.

Wasseralfi­ngen ist „Groaß-Pfannensti­el“

Nicht immer geht es um Hohn oder die Schadenfre­ude, die angeblich schönste Freude. Es gibt auch NeidNecker­eien, die laut Wulz „den Neid der Besitzlose­n“ausdrücken.

So könnte etwa für Wasseralfi­ngen der eher unbekannte „GroaßPfann­enstiel“entstanden sein – durch die Eisenindus­trie war der Ort zu Ansehen und mehr oder weniger Reichtum gekommen. Vergleichs­weise milde neckten übrigens unter anderem die Gmünder die Reichsstäd­ter am Kocher: Der Name Kaspar war in Aalen einst sehr beliebt, vor allem als Rufname „Kapperle“– und so hatten die „Spitzärsch“und „Spione“einen weiteren Spitznamen weg.

 ?? FOTO: MARKUS LEHMANN ?? Wolfgang Wulz führte durch die schwäbisch­e Spitznamen-Landschaft und durch die schwäbisch­e Seele.
FOTO: MARKUS LEHMANN Wolfgang Wulz führte durch die schwäbisch­e Spitznamen-Landschaft und durch die schwäbisch­e Seele.

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