Staat will Wetterdaten kostenlos weitergeben
Neues Gesetz soll Katastrophenhelfern und Landwirten die Arbeit erleichtern
BERLIN - Ist das Wetter sonnig genug zum Grillen oder stürmt und regnet es? Die Antwort liefert in der Regel der Wetterbericht. Doch mitunter liefern verschiedene Dienste unterschiedliche Einschätzungen. Das könnte sich bald ändern. Der Bundestag berät derzeit eine Änderung des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst (DWD). Die Bundesbehörde mit rund 2300 Beschäftigten wird dann wohl allein für die Unwetterwarnungen zuständig sein, die von den Bürgern per App auf dem Smartphone abgerufen werden können.
„Die Bevölkerung muss mit diesem Warnsystem auch vertraut sein“, wirbt Inge Niedeck von der Internationalen Vereinigung der TVMeteorologen bei einer Anhörung im Bundestag für die Zentralisierung. Der Streit um Warnungen bei gefährlichen Wetterlagen hat vor gut zehn Jahren sogar ein Gericht beschäftigt. Damals warf der DWD dem privaten Unternehmen Meteomedia vor, mit übertrieben häufigen Warnungen die Einschaltquoten bei den privaten TV-Sendern hochtreiben zu wollen. Das durfte der DWD nicht weiter verbreiten.
Doch die Unwetterwarnungen sind nur ein Teilaspekt des DWDGesetzes. Der Kern erfreut Kommunen, Feuerwehren und wahrscheinlich auch Klimaforscher. Denn der Wetterdienst soll seine Daten künftig kostenlos weitergeben. Bisher wird dafür ein Entgelt verlangt. Auf 3,5 Millionen Euro verzichtet der Bund damit jährlich. Zudem wird der Klima- und Umweltschutz in den Aufgabenkatalog der Behörde aufgenommen.
Die Wetterdaten sind für viele Einrichtungen wichtig. So können sich künftig beispielweise die gut 33 000 Feuerwehrstationen schnell per App über Extremlagen informieren. „Die App erfährt viel Zuspruch“, sagt Ralf Ackermann vom Deutschen Feuerwehrverband. Auch die Landwirte dürfte die kostenlose Datenweitergabe freuen. Der DWD empfiehlt den bestmöglichen meteorologischen Zeitpunkt für die Düngung oder für Pflanzenschutzmaßnahmen.
Des einen Freude könnte jedoch des anderen Leid werden. Das befürchtet der Verband Deutscher Wetterdienstleister. „Der Markt sollte nicht durch kostenfreie Dienstleistungen des Staates vernichtet werden“, fordert dessen Vertreter Dennis Schulze von den Abgeordneten. Denn die privaten DWD-Konkurrenten sehen sich in ihrer Existenz bedroht. Es ist eine vergleichsweise kleine Branche mit einem jährlichen Umsatz von 50 Millionen Euro und gerade einmal 400 Beschäftigten. Doch Schulze treiben grundsätzliche Zweifel um. Er spricht von einem „ordnungspolitischen Tabubruch“. Kritik ganz anderer Art äußert die Open Knowledge Foundation, ein Verein, der sich für frei zugängliches Wissen einsetzt. Der DWD stelle nur Daten von 80 der bundesweit 220 Messstationen zur Verfügung, sagt Vereinsvertreter Arne Semsrott.
Außerdem benötige die Klimaforschung auch Archivdaten für Langzeitanalysen. Der Verein beklagt, dass das Gesetz keine Vorgaben macht, welche Daten der DWD kostenlos bereitsstellen muss. Diese Vorschläge werde die Bundesregierung noch prüfen, kündigte das Verkehrsministerium an.
Warnungen zu weitmaschig
Roland Roth, Chef der Wetterwarte Süd und Meteorologie-Experte der Schwäbischen Zeitung, sieht darin keine Relevanz für seine Wetterorganisation. Die Warnungen des DWD sind seiner Ansicht nach allerdings mit Vorsicht zu genießen. „Sie sind häufig zu weitmaschig und pauschal.“So gebe es öfters Warnungen für ganz Baden-Württemberg, obwohl es nur einzelne Region davon betrifft. Die Wetterwarte Süd selbst gebe keine Unwetterwarnungen an Behörden heraus, werde aber oft angefragt. Den Vorwurf, dass Meteomedia zu übertrieben warne, könne man dem DWD auch machen: „Im Sommer wird so viel gewarnt, das nimmt keiner mehr ernst.“Den DWD in die Pflicht zu nehmen, findet Roth richtig. Da es sich um eine amtliche Einrichtung handelt, müsse man sich auch auf offizielle Wetterwarnungen einigermaßen verlassen können – gerade auch im Hinsicht auf Versicherungsfragen.