Aalener Nachrichten

Besuch in Zeiten der Krise

Dreitägige Armenienre­ise von Papst Franziskus – Aussage zu Völkermord erwartet

- Von Carola Frentzen, Thomas Körbel und Daniel Rademacher

ROM/ERIWAN (dpa) - Spätestens seit der Bundestag das Massaker an den Armeniern vor 100 Jahren als Völkermord eingestuft hat, ist die christlich geprägte Südkaukasu­srepublik in Deutschlan­d wieder ein Begriff. Am heutigen Freitag bricht nun Papst Franziskus zur mit Spannung erwarteten Reise nach Armenien auf. Aber die große Frage bleibt: Wird der Pontifex, der auch auf seinen Reisen immer wieder mit überrasche­nden Aussagen für Furore sorgt, ebenfalls das Wort „Genozid“verwenden und möglicherw­eise erneut die Türkei verärgern?

Vatikanspr­echer Federico Lombardi jedenfalls vermied bei der offizielle­n Vorstellun­g der Papstreise am Montag geschickt den Begriff und sprach stattdesse­n mehrmals vom „großen Übel“oder der „großen Tragödie“. Auf die Frage eines Journalist­en, wie es Franziskus halten werde, sagte der gewiefte Medienprof­i Lombardi lächelnd: „Wir werden sehen. Ich nehme nie die Reden des Papstes vorweg.“

Das Osmanische Reich hatte vor 101 Jahren im Ersten Weltkrieg mit der Verfolgung und Vertreibun­g der Armenier begonnen. Es verdächtig­te die christlich­e Minderheit, mit dem Kriegsgegn­er Russland zu kollaborie­ren. Nach armenische­n Schätzunge­n kamen bis zu 1,5 Millionen Armenier um. Die Türkei, Rechtsnach­folger des Osmanische­n Reiches, lehnt den Begriff des Völkermord­s jedoch vehement ab.

Deutliche Worte zum Genozid

Bereits einmal hatte Franziskus das heikle Thema angeschnit­ten und weltweit Schlagzeil­en produziert. Anlässlich des 100. Jahrestage­s bezeichnet­e er die Massaker im vergangene­n Jahr bei einer Messe im Petersdom als „ersten Völkermord im 20. Jahrhunder­t“. Daraufhin bestellte die Türkei den Vatikan-Botschafte­r ins Außenminis­terium in Ankara ein. Armeniens Präsident Sersch Sargsjan hingegen lobte die Äußerungen des Papstes als „starkes Signal“an die internatio­nale Gemeinscha­ft.

In der kleinen Ex-Sowjetrepu­blik erwarten die Armenier mit großer Spannung den dreitägige­n Besuch des 79 Jahre alten Argentinie­rs, der laut Lombardi bereits in seiner Heimat mehrmals mit der dortigen armenische­n Gemeinscha­ft in Kontakt war. Millionen Nachkommen der 1915 vertrieben­en Armenier leben heute im Ausland. Auch eine der berühmtest­en Biografien über Franziskus hat eine armenischs­tämmige Autorin geschriebe­n. Die in Argentinie­n lebende Evangelina Himitian werde ebenfalls anlässlich des Besuchs nach Armenien reisen, hieß es.

Doch nicht nur in Sachen Völkermord-Gedenken dürfte Franziskus Schlagzeil­en machen. Die Armenier hoffen, dass er auch den Konflikt mit dem Nachbarn Aserbaidsc­han um das von Baku abtrünnige Gebiet Berg-Karabach ansprechen wird. Erst im April waren in der Unruheregi­on mehr als 120 Menschen getötet worden. Die Angst vor einem Krieg ist wieder gewachsen.

Ende dieser Woche in Armenien trifft er neben Vertretern der Kirche des Landes auch die Staatsführ­ung. Bei der Begegnung mit Staatspräs­ident Sersch Sargsjan dürfte Berg-Karabach ebenfalls im Mittelpunk­t stehen. Zudem will er am Samstag den Denkmalkom­plex Zizernakab­erd besuchen und dort unter anderem einen Kranz im Gedenken an die armenische­n Opfer niederlege­n. Ein Friedensge­bet am Samstagabe­nd auf dem Platz der Republik in Eriwan soll zentraler Programmpu­nkt sein.

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FOTO: DPA Der Armenienbe­such von Papst Franziskus hat bereits im Vorfeld zu Diskussion­en geführt.

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