Haftbefehl gegen sogenannte Reichsbürgerin erlassen
Kaufbeurer Amtsgericht wartet vergeblich auf Angeklagte – Die Frau ist wohl ins Ausland geflüchtet
KAUFBEUREN - Prinzipiell ist es im Fall der Manuela H. anfangs nur um Fahren ohne Führerschein gegangen. Brisanz gewann das Ganze dadurch, dass die Frau ihre Verfahrensakte stahl und offenbar der sogenannten Reichsbürgerbewegung nahe steht. Diese erkennt weder die Bundesrepublik noch ihre Gesetze an. Am Donnerstag hat sich der Fall vor dem Kaufbeurer Amtsgericht zum Erlass eines Haftbefehls wegen Flucht und der Fahndung nach Manuela H. ausgewachsen.
Ermittlungsakte geklaut
Um 14 Uhr war die Hauptverhandlung gegen die 50-jährige Ostallgäuerin angesetzt. Es ging um das Entwenden ihrer Akte aus dem Gerichtssaal. Schon dieses Kapitel in der Justizgeschichte von Manuela H. ist bizarr. Als am 20. Januar in Kaufbeuren gegen sie wegen des Fahrens ohne Führerschein verhandelt wurde, war es in einer Sitzungspause zu Tumulten gekommen.
Seinerzeit hatte das Urteil auf acht Monaten Haft ohne Bewährung gelautet. Während des Tohuwabohu konnte Manuela H. aber ihre Akte auf dem Richtertisch ergreifen. Gleichgesinnte Besucher halfen, die Unterlagen aus dem Gerichtssaal zu entfernen. Worauf der Frau auch noch die Flucht gelang. Die Haftstrafe wegen des Verkehrsdelikts trat die 50-Jährige trotz rechtskräftigem Urteil nicht an.
Am Donnerstag sollte nun über den Diebstahl der Verfahrensakte gerichtet werden. Rund 20 Minuten warteten Richter, Staatsanwalt und Pflichtverteidiger auf Manuela H. Vergeblich. Ihr Aufenthaltsort ist laut Gericht unbekannt. Es geht davon aus, dass sie im Ausland ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Gericht einen Haftbefehl. Haftgrund ist die erfolgte Flucht. Der Pflichtverteidiger meldete sich nicht zu Wort.
Das Gericht hat der Frau bereits attestiert, einer Gruppierung anzugehören, die eine Existenz der Bundesrepublik leugnet. In diesem Zusammenhang war von sogenannten Reichsbürgern die Rede. In deren Gedankenwelt ist das Deutsche Reich 1945 nicht untergegangen. Sie behaupten, es existiere weiter. Weshalb die Bundesrepublik illegal sei. Entsprechend werden Steuern, Strafbefehle oder Dokumente abgelehnt.
Zunehmend auffällige Bewegung
Entstanden ist diese Bewegung in den 1980er-Jahren. Aber erst in jüngerer Zeit wurde sie auffällig und beschäftigt zunehmend die Gerichte. Es geht dabei vor allem um kleinere Delikte. Typisch ist das Fahren ohne Führerschein, weil in der Logik der Reichsbürger dieses Dokument für sie keine Gültigkeit hat.
Das Bundesinnenministerium geht davon aus, dass der harte Kern dieser Bewegung einige Hundert Leute umfasst. Sie bringen demnach in der Regel eine rechtsextreme Gesinnung mit. Diese wird wiederum gerne mit Verschwörungstheorien vermengt. Die Anführer der Gruppen nehmen für sich selbst oft in Anspruch, Angehörige einer provisorischen Reichsregierung zu sein.