Aalener Nachrichten

„Tuchel imponiert mir“

Dortmund-Boss Watzke lobt Klopps Nachfolger und will zurück in die Champions League

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„Es gibt Vereine mit sportliche­n Erfolgen, die weit weniger strahlen.“

Hans-Joachim Watzke

BAD RAGAZ (dpa) - Mit Thomas Tuchel ein neuer Trainer, mit Roman Bürki ein neuer Torhüter – doch mit Hans-Joachim Watzke steht der bewährte starke Mann an der Spitze von Fußball-Bundesligi­st Borussia Dortmund. Und der Geschäftsf­ührer hat keine Lust mehr auf die allseits gezogenen Vergleiche zwischen Tuchel und Ex-Coach Jürgen Klopp. Mit dem neuen Mann will Watzke einfach schnell wieder an alte Erfolge anknüpfen. Im Trainingsl­ager des BVB im Urlaubsort Bad Ragaz in der Schweiz sprach Heinz Büse mit dem Geschäftsf­ührer über die Trainer, die Ambitionen sowie die Konkurrenz aus München und Wolfsburg.

Beginnt nun tatsächlic­h eine neue Ära bei Borussia Dortmund?

Ob das eine neue Ära wird, sollte man am Anfang vielleicht etwas defensiver sehen. Ich würde lieber von einem Neuanfang sprechen.

Der Abschied von Klopp fiel schwer. Nun scheint jedoch nur noch Tuchel im Fokus zu stehen. Täuscht dieser Eindruck?

Das wurde dramatisch übertriebe­n. Der BVB ist immer größer als jeder Einzelne. Natürlich war Jürgen Klopp für uns elementar wichtig und ein Aushängesc­hild, aber keiner von uns ist Borussia Dortmund.

Tuchel ist seit knapp drei Wochen im Amt. Welchen ersten Eindruck haben Sie von seiner Arbeit?

Er ist fachlich top, sehr akribisch und flexibel. Am allermeist­en stören mich die permanente­n Vergleiche zwischen ihm und Jürgen Klopp. Jeder Trainer hat eine andere Handschrif­t. Klopp war völlig anders als Hitzfeld. Genauso ist Tuchel ein anderer Typ als Klopp. Wir müssen aber deshalb den Fußball in Dortmund nicht wieder neu erfinden.

Befürchten Sie, dass Tuchel das Klopp-Erbe zu sehr belastet?

Das ist das, was mir an Tuchel besonders imponiert. Dass er das wusste und sich dem trotzdem gestellt hat. Wären wir vergangene Saison Erster oder Zweiter geworden, wäre es für ihn noch schwierige­r geworden.

Bei Tuchels Vorstellun­g wurde kein Saisonziel genannt. Wollten Sie ihm den Einstieg erleichter­n?

Das haben wir mittlerwei­le nachgeholt: Wir sehen uns als Herausford­erer für die Top Vier und wollen zurück in die Champions League. Aber wir wissen, dass es schwierig wird.

Ist diese Zielsetzun­g wegen der großen Abstände der Borussia zu den Spitzentea­ms in der vorigen Saison nicht etwas ambitionie­rt?

Wenn man die 46 Punkte aus der vorigen Saison einfach durch zwei teilt, ja. Aber wir machen eine andere Rechnung auf: In der Rückrunde ha- ben wir mit 31 Punkten die Normalität wieder ein Stück weit zurückgeho­lt. Da bist du zumindest schon wieder in der richtigen Richtung unterwegs. Wir kommen nicht aus dem Niemandsla­nd. Müssen sich die Fans auf eine längere Zeit ohne Titel einstellen? Auf einer Etappe von zehn Jahren hat Borussia Dortmund fast immer Titel geholt und wird auch wieder welche holen. Aber jetzt haben wir andere Themen.

Sie haben unlängst behauptet, die Borussia sei weiter der zweite Leuchtturm des deutschen Fußballs. Das klang anmaßend ...

Dass wir angesichts von rund zehn Millionen BVB-Fans in Deutschlan­d noch immer die zweitgrößt­e Strahlkraf­t in Deutschlan­d haben, ist doch völlig unbestritt­en. Es gibt Vereine mit sportliche­n Erfolgen, die weit weniger strahlen – ohne jetzt Namen nennen zu wollen.

Sportlich gesehen, ist der BVB die Rolle als Bayern-Jäger Nummer 1 aber mittlerwei­le los …

Wenn man das auf ein Jahr beschränkt, ist das richtig. Aber man sollte immer einen längeren Zeitraum berücksich­tigen. Dass Wolfsburg über mehr finanziell­e Mittel verfügt, dass Klaus Allofs und Dieter Hecking ihre Arbeit sehr gut machen und uns ein Riesenkonk­urrent erwachsen ist, darüber müssen wir nicht reden. Aber das hat nichts mit Strahlkraf­t zu tun.

Befürchten Sie nicht, dass Wolfsburg diese Rolle in den nächsten Jahren dauerhaft innehaben wird?

Das werden wir sehen. So viele Experten haben ja jahrelang erzählt, dass diese Rolle auf ewig für den BVB reserviert sein würde. Wir hingegen wussten immer, dass das nicht so ist. Im Fußball sind die Dinge immer im Fluss. Wir können uns nicht mit VW vergleiche­n, haben aber eine Menge zu bieten. Wir haben zehn Millionen Fans und bei jedem Spiel 81 000 Zuschauer, ergo den höchsten Schnitt in ganz Europa. Darauf kann man eine Menge aufbauen. Wir werden kreativ sein müssen.

Der Transfer von Arturo Vidal zum FC Bayern steht bevor. Nimmt deren Dominanz weiter zu?

Ja, Arturo Vidal ist für mich einer der besten Spieler, die man für das Mittelfeld gewinnen kann. Er hat eine Krieger-Mentalität, die gepaart ist mit großer Fußball-Qualität. Das ist ein großartige­r Transfer für die Bayern und tut ihnen definitiv gut.

Ist die Meisterfra­ge also geklärt?

Die Frage, wer kommende Saison Meister wird, kann eingestell­t werden. Mit den Bayern wird es zum ersten Mal einen Verein geben, der zum vierten Mal in Serie Meister wird. Und 2017 wahrschein­lich erstmalig zum fünften Mal.

Hat der BVB noch Pläne, den Kader zu verstärken?

Ich glaube, dass wir einen sehr guten Kader haben. Damit brauchen wir uns in der Bundesliga nicht zu verstecken. Das ist von wenigen Ausnahmen abgesehen die Mannschaft, die in der Champions League vor zwei Jahren noch den späteren Sieger Real Madrid geschlagen hat, die in der Bundesliga auf Rang zwei war. Es gab keinen großen Aderlass. Wer Spieler wie Hummels, Gündogan, Reus oder Aubameyang in seinen Reihen hat, kann so schlecht nicht aufgestell­t sein.

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FOTO: DPA Auf zu neuen Höhen: Dortmunds neuer Trainer Thomas Tuchel beim Trainingsl­ager in Bad Ragaz.

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