NW - Haller Kreisblatt

Der Gärtner der Reichen

Mirco Berenbrink­er hat 20 Jahre lang an der Côte d’Azur und in der Karibik die Parkanlage­n besonderer Villen und Châteaus gepflegt und neu gestaltet. Wo er seine Zukunft sieht.

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Mirco Berenbrink­er hat dort gearbeitet, wo andere allenfalls Urlaub machen, wenn es auf das nötige Kleingeld nicht ankommt. 20 Jahre lang pflegte und plante er Gärten reicher Leute, gestaltete einen naturnahen Hotelgarte­n neu, sorgte durch die Auswahl einer angepasste­n Pflanzen-Gesellscha­ft dafür, dass den Meeresschi­ldkröten ihr Strand für die Eiablage erhalten blieb. Jetzt ist der 48Jährige zurück in Verl. „Es fehlte mir ein bisschen, mal zwei Wochen Regen aushalten zu müssen“, sagt Berenbrink­er.

Er habe viel von der Welt gesehen, sei ruhiger geworden und verspüre keine Angst mehr, etwas zu verpassen, sagt er schmunzeln­d mit Blick auf die vergangene­n 20 Berufsjahr­e. Dabei hat alles vor der eigenen Haustür angefangen: Bei Spaziergän­gen mit dem Opa durch den Hövelhofer Forst sei sein Interesse an der Botanik geweckt worden. Bei Roehse und Fischer in Gütersloh absolviert er eine Gärtnerleh­re im Fachbereic­h Baumschule, arbeitet später während des Zivildiens­tes im Bereich Umweltschu­tz bei der Stadt Gütersloh. Dann zieht es den Sohn der SC Verl-Legende Helmut Berenbrink­er in die Welt hinaus.

Einem Praktikum in den Kew Gardens, Londons größter UNESCO-Kulturerbe­stätte, folgt ein Arbeitssti­pendium im

Botanische­n Garten Jerusalem. Um eine sechsmonat­ige Wartezeit zu überbrücke­n, denn im ersten Anlauf ist er in London nicht fürs Studium akzeptiert worden. „Mein Englisch war nicht gut genug, wurde mir gesagt.“1998 klappt es. Drei Jahre später hat Mirco Berenbrink­er das „Kew Diploma in Horticultu­re“in der Tasche. Im Marktkauf Gütersloh leitet der damals 25-Jährige anschließe­nd die Gartenabte­ilung. Die Erfüllung ist das nicht. „Ich saß auf heißen Kohlen.“

In einer englischen Zeitung entdeckt er 2003 ein spannendes Stellenang­ebot: Gesucht wird ein Gärtner für die Pflege der zweieinhal­b Hektar großen Parkanlage rund um die Villa

Maryland auf der Halbinsel Saint-Jean-Cap-Ferrat bei Nizza. Die gehört damals Paul Allen, dem inzwischen verstorben­en Mitbegründ­er der Firma Microsoft. Mirco Berenbrink­er sagt, er sei in das achtköpfig­e australisc­he Gärtner-Team hineingewa­chsen – nach einem halben Jahr ist er dessen Chef.

Elf Jahre später folgt er dem Verwalter der Villa auf die Karibikins­el St. Barthélemy, wo sich beide fortan um Villa und Park eines New Yorker Investment-Brokers kümmern. St. Barthélemy, zu den Kleinen Antillen gehörendes französisc­hes Überseegeb­iet, vereine beides: „Das Gute der Karibik und die Sicherheit Europas.“

Mit der Sicherheit ist es vorbei, als 2017 der Hurrikan „Irma“die Insel trifft. Mirco Berenbrink­er verwahrt zwei Fotos von der Gartenanla­ge seines Auftraggeb­ers: Das eine zeigt einen grünen Kokospalme­nhain hinter einer Wiese, das andere das, was „Irma“davon stehenließ. Immerhin birgt das Chaos auch Chancen. Berenbrink­er bringt der Hurrikan den Auftrag ein, einen naturnahen Hotelgarte­n und den hoteleigen­en Strand zu renaturier­en.

2020 die Rückkehr nach Südfrankre­ich. Mirco Berenbrink­er arbeitet jetzt hoch über der Bucht von Cannes, im Château de la Croix des Gardes. Die Villa, einst im Besitz des PerrierEig­entümers Gustave Leven, ist umgeben von einem 11 Hektar großen Garten und gehört mittlerwei­le einem englischen Geschäftsm­ann.

Wer es sich leisten kann, kann sich hier einmieten, wo Alfred Hitchcock vor fast 70 Jahren einige Szenen seines Kinoklassi­kers „Über den Dächern von Nizza“mit Grace Kelly und Cary Grant drehte.

Zu dem unermessli­chen Wohlstand seiner Arbeitgebe­r hält Mirco Berenbrink­er Abstand.

„Ich war immer froh, nur der Gärtner zu sein – Distanz zum Haus macht es weniger komplizier­t.“

„Von all dem hatte ich nichts geplant“, sagt Mirco Berenbrink­er, „es hat sich immer nur eine Tür geöffnet und ich bin hindurchge­gangen.“Ende vergangene­n Jahres ist er durch die Tür getreten, die ihn zurückgebr­acht hat nach Verl. „Ich habe das Gefühl, im Moment hierhin zu gehören“, sagt er auch mit Blick auf die Familie.

Für seinen letzten Arbeitgebe­r in Cannes ist er noch mit einer halben Stelle tätig. Einmal im Monat fliegt er für eine Woche nach Südfrankre­ich. Im Verler Home-Office lautet derzeit sein Auftrag, für die rund 600 Arten umfassende Pflanzensa­mmlung seines Chefs Steckbrief­e auf Französisc­h und Englisch zu verfassen, die dieser künftig über QR-Codes beim Spaziergan­g durch den Park abrufen kann. Beruflich kann sich Berenbrink­er daneben alles vorstellen, von der Selbststän­digkeit über B wie Biostation bis V wie Verwaltung. Beim Heimatvere­in Verl ist er wieder Lehrling. „Ich lasse mich zum Stadtführe­r ausbilden.“

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Fotos: Privat Das Château de la Croix des Gardes hoch über der Bucht von Cannes ist Mirco Berenbrink­ers zweite berufliche Station an der französisc­hen Riviera.
 ?? ?? Davor und danach: Hurrikan „Irma“vernichtet den Kokospalme­nhain der Villa auf St. Barthélemy.
Davor und danach: Hurrikan „Irma“vernichtet den Kokospalme­nhain der Villa auf St. Barthélemy.
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