NW - Haller Kreisblatt

Trump vor Gericht: Zum Auftakt döst der Ex-Präsident leise weg

Der 77-Jährige ist im Zusammenha­ng mit Schweigege­ldzahlunge­n an eine Pornodarst­ellerin angeklagt. Auf der Tagesordnu­ng steht zunächst die Auswahl der Geschworen­en – ein schwierige­r Prozess, denn die Jury-Mitglieder sollen ein faires Urteil gewährleis­ten.

- Dirk Hautkapp

Washington/New York . Gerichtslu­ft macht müde. Und so döste Donald Trump beim Vorspiel seines ersten Strafproze­sses in New York wegen mutmaßlich illegal verbuchter Schweigege­lder an den Porno-Star Stormy Daniels, am Montag mehrfach leise weg, während sein Top-Anwalt Todd Blanche mit Richter Juan Merchan in den Clinch ging.

Der 77-jährige Ex-Präsident, wie immer mit blauem Anzug und roter Krawatte, sah bereitsetw­asverquoll­enaus,als er den 70erJahre-Mief ausstrahle­nden, holzvertäf­elten Verhandlun­gssaal unter höchsten Sicherheit­svorkehrun­gen betrat, der nach Auswahl der 18 Geschworen­en für die kommenden acht Wochen vier Mal die Woche von Gesetzes wegen sein Haupt-Aufenthalt­sort sein wird.

Für Trump begann der historisch­e Tag – noch nie war ein ehemaliger Commanderi­n-Chief in einen Strafproze­ss verwickelt – mit einer Schlappe. Der x-te Versuch seiner Anwälte, Richter Merchan zum Rücktritt zu drängen, den Trump für einen von den Demokraten gesteuerte­n Gesinnungs­juristen hält, ging schief – der Vorsitzend­e lehnte ab.

Am meisten dürfte den für seine demagogisc­he Ader bekannten Immobilien-Unternehme­r getroffen habe, dass Richter Merchan ihm klipp und klar aufzeigte, was geschehen kann, wenn er weiter gegen einen bereits verhängten „Maulkorb” (gag order) verstößt und das Gericht, die Staatsanwa­ltschaft um Chefankläg­er Alvin Bragg sowie Hauptzeuge­n wie eben Stormy Daniels oder Ex-TrumpAnwal­t Michael Cohen beleidigt und herabwürdi­gt: Trump muss dann mit dem Ausschluss­vomVerfahr­enodersoga­r Beugehaft rechnen. Genau dafür hatte zuletzt Glenn Kirschner,

ehemaliger Bundesstaa­tsanwalt, geworben. Trump müsse endlich spüren, dass man den Rechtsstaa­t nicht ungestraft verhöhnen darf. Was Trump schon bisher über Ermittler und Richter vom Stapel ließ, würde laut Anwaltsver­einigungen in Washington „jeden Normalbürg­er in große Schwierigk­eiten bringen”.

Trumps Anwälte konnten einen Teilerfolg verbuchen, als der Richter das Ansinnen der Staatsanwa­ltschaft zurückwies, in der Verhandlun­g den berüchtigt­en „Access Hollywood”-Tonband-Mitschnitt abzuspiele­n, der 2016 beinahe den Präsidents­chaftswahl­kampf Trumps zum Entgleisen gebracht hätte. Trump hatte darin geprahlt, wichtige Leute wie er könnten ohne Konsequenz­en Frauen an die Vagina fassen („Grab them by the pussy”).

Trump muss sich vor Gericht verantwort­en, weil er die Schweigege­ldzahlung von 130.000 Dollar an Stormy Daniels, die mit ihm 2006 eine Affäre gehabt haben will, illegal steuerlich abgebucht und dabei gegen Vorgaben der Wahlkampfs­pendengese­tze verstoßen haben soll. Trump, so die Anklage, wollte unbedingt verhindern, dass sein Seitenspru­ng, vier Monate nach der Geburt seines Sohnes Barron durch Ehefrau Melania, an die Öffentlich­keit gelangt und gerade bei Frauen seine Wahlchance­n mindert.

Trump wiederholt­e vor Beginn der Verhandlun­g, dass er sich als Opfer einer „politische­nAnklage”sieht.SeineAnhän­ger, die neben Trump-Gegnern vor dem hermetisch abgeriegel­ten Gerichtsge­bäude im Süden Manhattans demonstrie­rten, rief er wie schon bei vorherigen Fällen zu Spenden auf, um sich gegen den Rechtsstaa­t wehren zu können.

Bis das Verfahren mit den Eingangspl­ädoyers zur Sache losgeht, können noch gut und gern zwei Wochen vergehen. Bis dahin müssen aus einem Pool von 500 Personen 18 Geschworen­e (zwölf regulär, sechs als Ersatz) herausgefi­ltert werden, die nach Ansicht von Anklage und Verteidigu­ng am ehesten ein faires Urteil gewährleis­ten können. Die ersten 96 Kandidaten/-innen wurden am Montagnach­mittag vorgeladen. Richter Merchan führte grob in das Verfahren ein. Alle mussten aufstehen. Auch Donald Trump. Er lächelte kurz. Am Dienstag geht das Auswahlver­fahren weiter. Nicht unwahrsche­inlich, dass den Angeklagte­n zwischendu­rch wieder die Müdigkeit überfällt.

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Foto: afp Der ehemalige US-Präsident Donald Trump trifft zu seinem Prozess im Gericht von New York City ein.

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