Der Mann, der mit Chemnitz anreiste und als Armine blieb
Wie Silvio Meisner seinen bemerkenswerten Wandel vom Fußballprofi zum Unternehmer im Sozialbereich begründet.
Vom erfolgreichen Profifußballer zum Unternehmer im sozialen Bereich – Silvio Meißner weist in seinem Lebenslauf einige interessante Eckpunkte auf. Dabei schien seine sportliche Karriere mit 18 Jahren fast beendet zu sein. „Ich spielte sowohl in der Jugend als auch bei den Profis Fußball. Parallel dazu befand ich mich in einer beruflichen Ausbildung“, schildert der in Halle an der Saale aufgewachsene Meißner diese stressige Phase zu Teenagerzeiten. „Ich hatte die Nase voll, war mental total überfordert und hörte vernünftigerweise ein Jahr mit dem Fußball auf“, blickt der 51-Jährige zurück.
Der Faszination des Fußballs konnte er letztlich aber nicht widerstehen. „Beim SC Halle in der 3. Liga startete ich mein Comeback und war mit 28 Toren ziemlich erfolgreich“, sagt Meißner. Zu diesem Zeitpunkt häuften sich die Angebote für den Stürmer, der später als defensiver Mittelfeldakteurspielte.EinenWechsel in den Westen hatte er sich damals noch nicht zugetraut. Folglich blieb er im Osten und versuchte sich beim Chemnitzer FC in der 2. Bundesliga. An seinem neuen Arbeitsplatz lernte er mit Heiko Gerber einen Mitspieler kennen, dessen weiterer Karriereweg eng mit seinem verbunden sein sollte. Rüdiger Lamm, der seit 1994 mit spektakulären Einkäufen für Arminia Bielefeld Schlagzeilen schrieb, war in der Serie 1995/96 auf den Chemnitzer aufmerksam geworden. Und Lamm machte Nägel mit Köpfen. Nach einem Chemnitzer Auswärtsspiel auf der Alm an einem Freitag Abend blieb Meißner in Bielefeld, bestritt am Samstag mit seinen künftigen Mitspielern bereits das Auslaufen und unterschrieb einen Vertrag. Dass Lamm mit Heiko Gerber einen zweiten Chemnitzer unter Vertrag nahm, „ist uns beiden zugutegekommen“, sagt Meißner, „wir hatten keine Anpassungsprobleme.“
Gleich in seinem ersten Spiel im DSC-Trikot bekam es der Neu-Armine mit Stefan Effenberg zu tun. Beim 0:0 in Mönchengladbach bekam er gute
Noten. Gut kam er auch mit seinen drei Trainern während seiner Bielefelder Zeit (114 Spiele zwischen 1996 und 2000) klar. Mit dem „besessenen“Ernst Middendorp habe er heute noch Kontakt, sagt Meißner. Zum Ex-Hamburger Thomas von Heesen hatte er eine besondere Verbindung. „Als Kind war ich schon HSV-Fan. In Bielefeld war Tommy dann mein Mitspieler, mit ihm teilte ich ein Zimmer im Hotel bei Auswärtsspielen.AlsTrainerwarermein großer Förderer.“Bei Hermann Gerland schätzte Meißner vor allem den menschlichen Aspekt. „Er hatte eine besondere Art, Dinge zu vermitteln. Leider schafften wir nicht den Klassenerhalt.“
Meißner wollte weiterhin erstklassig spielen. Er ging zum VfB Stuttgart. Dort traf er erneut auf Heiko Gerber. Bis 2008 blieb er den Stuttgartern treu und feierte 2003 die Vizemeisterschaft und 2007 den Meistertitel. In der Zeit danach arbeitete Meißner zunächst drei Jahre lang als Angestellter in einer Beratungsagentur für Fußballprofis. Von 2011 bis 2018 war er Chef seiner eigenen Agentur mit rund 15 Klienten. Dann zog er einen Schlussstrich. „Mir wurde das Geschäft zu undurchsichtig und schmutzig“, begründet er seinen radikalen Wechsel in ein völlig neues Betätigungsfeld. „Nach der Sportkarriere musst du ein bisschen normaler im Leben werden. Das Leben nach dem Fußball dauert meistens länger als das Leben im Fußball.“2019 gründete Meißner in Saarbrücken eine Firma, die sich um hilfsbedürftige Menschen kümmert. Die Alltagsbegleiter helfen kranken und altenMenschenoderderenAngehörigen, die einfach mal entlastet werden möchten, beim Hausputz, Arztbesuchen, Umzügen oder Behördengängen.
35 Mitarbeiter bilden die Kernmannschaft von „Meine Superhelden“. Betreut werden rund 700 Kunden im gesamten Saarland. Dieser zweite Beruf ist zu seiner Berufung geworden.