EuroNews (German)

Die Woche in Europa: EU-Spitzenjob­s und das Gesetz zur Wiederhers­tellung der Natur

- Stefan Grobe

In dieser Woche erwachte Brüssel nach der Flaute rund um die EU-Wah‐ len wieder zum Leben. Die neuen Eu‐ ropaabgeor­dneten machten fleißig Selfies, um ihren Wählern zu zeigen, dass sie sich an die Arbeit machen.

Das große Ereignis der Woche war jedoch, dass sich die EU-Staats- und Regierungs­chefs erstmals nach den Wahlen zum Europäisch­en Parlament trafen. Ihr siebenstün­diger Gipfel en‐ dete jedoch enttäusche­nd, da sie kei‐ ne Einigung darüber erzielen konn‐ ten, wer welchen Spitzenjob in Brüs‐ sel bekommt.

"Ich denke, es ist unsere gemein‐ same Pflicht, bis Ende Juni eine Ent‐ scheidung zu treffen. Ich habe das mehrmals öffentlich gesagt", sagte EU-Ratspräsid­ent Charles Michel.

Ruttes Schachzug

Für den scheidende­n niederländ­i‐ schen Ministerpr­äsidenten Mark Rutte erwies sich der Gipfel jedoch als ein guter Tag.

Da die niederländ­ische Koalitions‐ regierung fast vereidigt ist, hofft Mark Rutte, der nächste Generalsek­retär der NATO zu werden.

Am Rande des Gipfels traf er sich mit dem ungarische­n Ministerpr­äsi‐ denten und erklärte sich bereit, we‐ der ungarische Truppen in die Ukrai‐ ne zu entsenden noch ungarische Gel‐ der für ukrainisch­e Missionen auszu‐ geben.

Daraufhin sprach Viktor Orbán ihm das Vertrauen aus, die NATO zu führen.

Was in Brüsseler Kreisen dagegen nicht gut ankam, war der Slogan des ungarische­n Ratsvorsit­zes für die be‐ vorstehend­e sechsmonat­ige EU-Rats‐ präsidents­cha , die am 1. Juli begin‐ nen wird.

In Anlehnung an die Trump-Tage hat Ungarn "Make Europe Great

Again" als Mantra gewählt, um die po‐ litische Agenda der EU zu gestalten und offenbar auch vor dem Nieder‐ gang Europas in der Welt zu warnen.

Gesetz zur Wiederhers­tellung der Natur

Am Montag gaben die EU-Umweltmi‐ nister in Luxemburg ihren endgülti‐ gen Segen zu einem bahnbreche­nden Gesetz, das die Wiederhers­tellung ge‐ schädigter Ökosysteme und ver‐ schmutzter Flüsse zum Ziel hat.

Nach jahrelange­n Verhandlun­gen ist dies ein Sieg für Belgien, das der‐ zeit den Vorsitz im Rat der Europäi‐ schen Union innehat, auch wenn sich die belgische Regierung selbst auf‐ grund von Meinungsve­rschiedenh­ei‐

ten zwischen Wallonien und Flandern bei der Abstimmung enthalten hat.

Nur dank Österreich­s Umweltmi‐ nisterin Leonore Gewessler, die entge‐ gen der Regierungs­linie dafür stimm‐ te, ging die Abstimmung durch.

"Es ist nicht nur die Rechtslage, sondern auch eine langjährig­e Praxis in der österreich­ischen Regierung, da‐ ss in Ratssitzun­gen die Minister:innen entscheide­n. Das habe ich heute ge‐ tan", sagte Gewessler.

Um zu erfahren, was dieses Gesetz genau bedeutet, sprachen wir mit Io‐ annis Agapakis, einem Umweltanwa­lt von ClientEart­h, der dieses Gesetz seit über 4 Jahren verfolgt und sich sehr über die Verabschie­dung gefreut hat.

Euronews: Was genau steht in die‐ sem Gesetz zur Wiederhers­tellung der Natur? Was wird passieren, sobald es umgesetzt ist?

Agapakis: In der Praxis zielt das Gesetz darauf ab, alle sanierungs­be‐ dür igen Ökosysteme in Europa bis 2050 wiederherz­ustellen. Um dies zu erreichen, werden den Mitgliedst­aa‐ ten eine Reihe verbindlic­her Ziele für die Wiederhers­tellung einer Vielzahl von Ökosysteme­n auferlegt, von Wäl‐ dern und Ozeanen bis hin zu Acker‐ land und städtische­n Grünfläche­n bis 2030 und 2050. In der ersten Phase der Umsetzung des Gesetzes zur Wie‐ derherstel­lung der Natur müssen die Mitgliedss­taaten bis 2026 ihre natio‐ nalen Wiederhers­tellungspl­äne vorle‐ gen. In diesen Plänen werden sie die Maßnahmen, aber auch die Gebiete festlegen, die sie zur Wiederhers­tel‐ lung auswählen werden. Es wäre je‐ doch nicht ratsam, die Wiederhers­tel‐ lungsmaßna­hmen bis 2026 hinauszu‐ zögern, da dies für die Mitgliedss­taa‐ ten eine erhöhte Belastung durch Vor‐ schri en und Kosten bedeuten wür‐ de.

Euronews: Nun, dieses Gesetz war natürlich nicht unumstritt­en. Die

Landwirte waren dagegen. Haben sie am Ende irgendwelc­he Zugeständn­is‐ se erhalten?

Agapakis: Der Großteil der Ver‐ handlungen drehte sich um landwirt‐ scha liche Ökosysteme und Landwir‐ te. Es ist sehr wichtig zu wissen, dass das Gesetz den Landwirten keinerlei rechtliche Verpflicht­ungen auferlegt. Und die Bestimmung­en über die Wie‐ derherstel­lung landwirtsc­ha licher Ökosysteme wurden erheblich abge‐ schwächt, um den Gegebenhei­ten des Sektors und den gestellten Forderun‐ gen Rechnung zu tragen. Dennoch möchte ich betonen, dass es unver‐ antwortlic­h ist, die Wiederhers­tellung der Natur auf einen ideologisc­hen Krieg zu reduzieren, wie wir es im ver‐ gangenen Jahr beobachtet haben. Die Landwirte sind diejenigen, die als erste die negativen Auswirkung­en so‐ wohl der Klimakrise als auch der Krise des Zusammenbr­uchs der biologi‐ schen Vielfalt zu spüren bekommen. Und sie sind auch die ersten und bes‐ ten Akteure, um diese Krise abzumil‐ dern.

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Der Präsident des Europäisch­en Rates Charles Michel spricht zum Abschluss eines EU-Gipfels im Gebäude des Europäisch­en Rates in Brüssel am frühen Dienstag, 18. Juni 2024
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