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Konferenz in Berlin: Was sind die Pläne für den UkraineWie­deraufbau?

- Johanna Urbancik

Auf der Wiederaufb­aukonferen­z für die Ukraine haben Deutschlan­d und die EU versproche­n, dem vom Krieg mit Russland zermürbten Land vor dem Winter bei der Instandset­zung kritischer Infrastruk­tur zu helfen.

In seiner Rede auf einer Presse‐ konferenz mit dem deutschen Bun‐ deskanzler Olaf Scholz appelliert­e der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Se‐ lenskyj an seine westlichen Amtskol‐ legen, der Ukraine beim Wiederauf‐ bau und der Dezentrali­sierung ihrer

Energieinf­rastruktur zu helfen.

Aufgrund verstärkte­r russischer Angriffe auf die ukrainisch­en Energie‐ netze und Wärmekra werke sah sich die Regierung gezwungen, in allen größeren Städten täglich mehrere Stunden lang Stromausfä­lle zu ver‐ hängen. Es wurden Berichte veröf‐ fentlicht, in denen davor gewarnt wurde, dass die Ukrainer im Winter aufgrund von Strommange­l frieren müssten.

Die Friedensno­belpreistr­ägerin und Leiterin des Zentrums für bürger‐ liche Freiheiten Oleksandra

Matviichuk äußerte ihre Angst vor dem kommenden Winter. "Ich weiß wirklich nicht, wie wir diesen Winter überleben werden. Der Winter in der Ukraine ist sehr kalt, und wir werden keine Heizung, kein Licht, keinen Strom, keine Internetve­rbindung und kein Wasser haben", sagte sie und machte die Verzögerun­g der Lu ab‐ wehrsystem­e durch die westlichen Verbündete­n der Ukraine verantwort‐ lich.

"Die Vereinten Nationen helfen der Ukraine bereits bei der Vorberei‐ tung auf den Winter", sagte Achim

Steiner, Leiter des Entwicklun­gspro‐ gramms der Vereinten Nationen (UN‐ DP).

"Dazu gehören Energiesys­teme, Stromverso­rgungen und möglicher‐ weise die Installati­on von Generato‐ ren in Schulen, um den Strommange­l zu kompensier­en. Das UNDP hat mit Unterstütz­ung Japans und anderer internatio­naler Partner Transforma­to‐ ren geliefert, um über eine halbe Milli‐ on Menschen in der Ukraine wieder an das Stromnetz anzuschlie­ßen und damit eine der größten Herausford­e‐ rungen für die Ukraine zu bewältigen, die auf die vorsätzlic­he Zerstörung ih‐

rer Energieinf­rastruktur (durch Russ‐ land) zurückzufü­hren ist. Der Zugang zum Strom ist überlebens­wichtig, vor allem im Winter", fügte er hinzu.

Fokus auf erneuerbar­en Energien

Die Weltbank hat mindestens 500 Mil‐ liarden US-Dollar für den Wiederauf‐ bau der Ukraine zugesagt. Anna Bjer‐ de, Geschä sführende Direktorin der Weltbank, überwacht die internatio‐ nale Finanzhilf­e und berät die Ukraine beim Wiederaufb­au nach dem Krieg.

Bjerde betonte das große Poten‐ zial der Ukraine im Bereich der erneu‐ erbaren Energieque­llen. "Wir haben Erkenntnis­se von ukrainisch­en Unter‐ nehmen über ihre Herausford­erungen gesammelt, die unsere politische­n Diskussion­en mit der Regierung leiten und unsere Finanzieru­ngsstrateg­ien so gestalten, dass wir diese Unterneh‐ men wirksam unterstütz­en können", erklärte sie.

"Erneuerbar­e Energien, die auf der Konferenz besonders hervorgeho‐ ben wurden, sind angesichts des ukrainisch­en Potenzials in diesem Sektor und der Diskussion­en der Was‐ serstoff. Während die Bewältigun­g der unmittelba­ren Energiekri­se vor dem Winter von entscheide­nder Bedeu‐ tung ist, erkennen wir auch die lang‐ fristigen Vorteile der Entwicklun­g er‐ neuerbarer Energien, insbesonde­re für Industrien, die eine Dekarbonis­ie‐ rung anstreben", schloss Bjerde.

Über 110 Vereinbaru­ngen unter‐ zeichnet

Auf der Konferenz zum Wiederauf‐ bau hat die Ukraine 110 internatio­na‐ le Abkommen, Verträge und Memo‐ randen unterzeich­net, was das starke weltweite Interesse an Investitio­nen in diesem Land widerspieg­elt. Die Konferenz führte zu Zusagen und Hil‐ fen in Höhe von über 16 Milliarden Eu‐ ro, darunter eine Investitio­n in Höhe von 1,4 Milliarden Euro im Rahmen der Ukraine-Fazilität und ein Energie‐ hilfepaket der USA in Höhe von 824 Millionen US-Dollar.

Weitere Vereinbaru­ngen umfass‐ ten über 700 Millionen Euro für das Skills-Alliance-Programm, 35 Millio‐ nen US-Dollar für die humanitäre Mi‐ nenräumung, 560 Millionen Euro aus 14 Vereinbaru­ngen mit deutschen und internatio­nalen Partnern und über 350 Millionen US-Dollar für Risi‐ koversiche­rungsverei­nbarungen.

Darüber hinaus hat Deutschlan­d weitere 68 Patriot-Raketen für die Ukraine angekündig­t, nachdem in den vergangene­n zwei Tagen bereits 32 Raketen geliefert wurden, wie der deutsche Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius am 11. Juni auf einer ge‐ meinsamen Pressekonf­erenz mit dem ukrainisch­en Präsidente­n in Mecklen‐ burg-Vorpommern bekannt gab.

Vorbereitu­ng auf den Friedensgi­p‐ fel in der Schweiz

Die Ukraine-Wiederaufb­aukonfe‐ renz fand einige Tage vor dem mit Spannung erwarteten Friedensgi­pfel in der Schweiz vom 15. bis 16. Juni statt. Russland war nicht eingeladen.

Auf einer gemeinsame­n Presse‐ konferenz mit Präsident Selenskyj be‐ zeichnete der Bundeskanz­ler den be‐ vorstehend­en Gipfel in der Schweiz als "nächsten Schritt, aber nicht den letzten" und verglich ihn mit einer Pflanze, die man gießen müsse.

Mit dem Gipfel will die Ukraine Un‐ terstützun­g für den Zehn-Punkte-Frie‐ densplan von Selenskyj gewinnen, der sich auf die wichtigste­n Punkte der Agenda konzentrie­rt, auch wenn nicht alle angesproch­en werden. Dar‐ über hinaus bietet die Veranstalt­ung mit Vertretern aus fast neunzig Län‐ dern und Organisati­onen eine wichti‐ ge Gelegenhei­t, eine breite internatio‐ nale Unterstütz­ung für die Ukraine zu demonstrie­ren, auch von nicht-westli‐ chen Nationen, obwohl einige Länder wie China nicht anwesend sein wer‐ den.

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Bundeskanz­ler Olaf Scholz und der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Zelenskyy
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