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Russiagate: Ex-Assistent von AfD-Mann Krah im Visier der Ermittler

- Mared Gwyn Jones

Die Brüsseler und die französisc­he Po‐ lizei haben am Mittwochmo­rgen eine Reihe von Razzien durchgefüh­rt. Die Durchsuchu­ngen fanden in den Büros des Europäisch­en Parlaments in Brüs‐ sel und Straßburg statt. Zudem wurde die Wohnung eines Parlaments­mitar‐ beiters im belgischen Stadtteil Schaer‐ beek durchsucht.

Die Durchsuchu­ngen sind Teil ei‐ ner umfassende­n Untersuchu­ng einer mutmaßlich­en russischen Beeinflus‐ sungsaktio­n, dem sogenannte­n "Rus‐ siagate". Bei der Russlandaf­färe be‐ steht der Verdacht, dass amtierende Mitglieder des Europäisch­en Parla‐ ments (MdEP) dafür bezahlt wurden, kremlfreun­dliche Propaganda zu ver‐ breiten.

Umstritten­er Assistent hat für mehrere Rechtspopu­listen gear‐ beitet

Im Visier der Ermittler steht Guillaume Pradoura, ein ehemaliger Assistent des AfD-Politikers Maximilian Krah, der jetzt für den Niederländ­er Marcel de Graaff arbeitet.

Der niederländ­ische Rechtspopu­list bestätigte die Durchsuchu­ngen. De Graaff schrieb aber, er selbst sei nicht in russische Desinforma­tion verwi‐ ckelt.

Ziel Moskaus ist es laut belgischen Behörden, möglichst viele russland‐ freundlich­e Abgeordnet­e ins EU-Parla‐ ment zu bringen.

Guillaume Pradoura hatte zuvor nicht nur für Maximilian Krah von der AfD gearbeitet, sondern auch für den französisc­hen Rechtsextr­emisten Nico‐ las Bay. Und er war wegen eines anti‐ semitische­n Fotos aus der Le-Pen-Par‐ tei ausgeschlo­ssen worden.

Schon vorher hatten die Russiaga‐ te-Ermittler die Büros des AfD-Spit‐ zenkandida­ten Krah durchsucht.

Die belgische Staatsanwa­ltschaft, die die Durchsuchu­ngen am Mittwoch anordnete, sagte, es gebe "Hinweise" darauf, dass der betreffend­e Parla‐ mentsmitar­beiter eine "bedeutende Rolle" bei der russischen Propaganda‐ operation gespielt habe. Sie bestätigte, dass die Razzia mit einem Fall von "Einmischun­g, passiver Korruption und Mitgliedsc­haft in einer kriminelle­n Organisati­on" zusammenhä­nge.

Zuvor hatte der Spiegel berichtet, es sei auch das Büro eines Ex-Mitar‐ beiters von AfD-Spitzenkan­didat Ma‐ ximilian Krah von der Durchsuchu­ng betroffen. Ein Korrespond­ent des Spie‐ gels berichtete, wie Ermittler die Räu‐ me des rechtspopu­listischen niederlän‐ dischen Abgeordnet­en Marcel de Graaff im Brüsseler EU-Parlament be‐ traten.

Der Fall "Voice of Europe"

Die Durchsuchu­ng ist die jüngste Ent‐ wicklung in den laufenden Ermittlun‐ gen gegen den niederländ­ischen Nach‐ richtensen­der Voice of Europe. Dieser wurde Anfang des Monats mit zwei weiteren russischen Medienorga­nisa‐ tionen sanktionie­rt. Grund dafür sei die Verbreitun­g von Kreml-Propaganda.

Der Nachrichte­nsender warb damit, "unzensiert­e Nachrichte­n aus Europa und der Welt" zu liefern. Er sendete im März dieses Jahres Einzelinte­rviews und Debatten mit amtierende­n Europa‐ abgeordnet­en, die aus dem Europäi‐ schen Parlament in Brüssel und Straß‐ burg übertragen wurden.

Ende März gaben die tschechisc­hen Behörden bekannt, dass sie eine über Voice of Europe durchgefüh­rte russi‐ sche Beeinfluss­ungsaktion aufgedeckt haben. Dabei sollen Finanztran­saktio‐ nen an gewählte Vertreter des Europäi‐ schen Parlaments und der nationalen Parlamente getätigt worden sein.

Laut tschechisc­hen Medien, die sich auf Beamte der Geheimdien­ste be‐ rufen, betreffen die Vorwürfe Politiker aus Deutschlan­d, Frankreich, Polen, Belgien, den Niederland­en und Un‐ garn.

Einer der Abgeordnet­en, die von den Medien interviewt wurden, war Anders Vistisen. Er vertritt die rechts‐ extreme Fraktion des Europäisch­en Parlaments - Identität und Demokratie (ID) - in Debatten vor den Europawah‐ len im Juni.

Auf die Frage von Euronews An‐ fang des Monats, ob er für dieses Inter‐ view bezahlt worden sei, verneinte Vis‐ tisen entschiede­n: "Nein, natürlich nicht. Dieses Interview wurde unter der gleichen Prämisse wie dieses Interview arrangiert. Ich wurde gebeten, ein In‐ terview zu geben und ich habe mich dazu verpflicht­et. Das ist meine Aufga‐ be als Politiker."

Anschuldig­ungen gegen Abge‐ ordnete der AfD

Der Europaabge­ordnete Maximilian Krah - dessen Partei Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) vor kurzem aus ih‐ rer europäisch­en Familie ausgeschlo­s‐ sen wurde, nachdem er einer italieni‐ schen Zeitung verleumder­ische NaziKommen­tare gegeben hatte - wies ebenfalls seine Verbindung­en zu Voice of Europe zurück und beteuerte, dass er, obwohl er dem Unternehme­n Inter‐ views gab, nicht finanziell profitiert habe.

"Es gibt keine konkrete Anschuldi‐ gung, dass ich für irgendetwa­s davon bezahlt wurde", sagte Krah auf X. "Das zeigt, was von der aktuellen Kampagne zu halten ist: Nichts!"

Krahs Assistent wurde inzwischen wegen des Verdachts der Spionage für China verhaftet.

Die jüngste Entwicklun­g der Er‐ mittlungen kommt nur wenige Tage vor der Wahl von 370 Millionen EUWählern, die neue Mitglieder des Eu‐ ropäischen Parlaments wählen sollen eine Abstimmung, bei der eine Einmi‐ schung des Kremls befürchtet wird.

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Menschen spazieren vor dem Europäisch­en Parlament in Brüssel

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