Die Polizei rüstet auf
Taser sollen künftig auch im Streifendienst zum Einsatz kommen. Zudem werden Dienstwaffen mit Lichtmodulen ausgestattet. Am 1. August startet die Testphase an drei Wiener Brennpunkten.
WIEN. Der Mann mit dem Baseballschläger verhält sich auffallend aggressiv. Auf die Zurufe der Polizisten, er solle den Baseballschläger auf den Boden legen, reagiert er nur noch aufgebrachter. Eine Beruhigung der Lage scheint aussichtslos. Da knallt ein Schuss. Oder zumindest hört es sich so an. Dünne Fäden sausen durch die Luft und treffen den Angreifer am Oberkörper. Es brizzelt und knistert, dann sackt der Getroffene zusammen. Seine Schmerzen sind heftig. Schließlich krampfen die anvisierten Muskelpartien 19 Mal pro Sekunde. Deshalb ist auch immer ein Defibrillator mit von der Partie.
Es war freilich nur eine Übung, die am Donnerstag in der Rossauer Kaserne in Wien-Alsergrund abgehalten wurde. Ziel dieser war es zu zeigen, wie so ein Taser, also eine Elektroimpulswaffe, funktioniert und welche Auswirkungen es hat, wenn man getroffen wird. Denn die Bundespolizei plant, Taser großflächig im regulären Streifendienst einzusetzen. Ab 1. August startet dazu die Ausbildung an drei Standorten – und die scheinen nicht gerade zufällig gewählt: In der Keplergasse in Favoriten, am Praterstern und in der Hermann-Bahr-Straße, nahe dem Bahnhof Floridsdorf. Die ersten beiden Polizeiposten befinden sich sogar innerhalb einer Waffenverbotszone. Der dritte Standort ist auch nicht gerade als erholsame Flaniermeile bekannt.
Taser wurden bei der Justizwache in Österreich erstmals ab 2005 eingesetzt. Bei der Polizei war das seit 2012 der Fall, aber eben nur bei Spezialeinheiten wie etwa der Wiener Alarmabteilung Wega. „Wir haben derzeit 700 Taser an speziellen Dienststellen. Bisher wurden sie 400 Mal eingesetzt, ohne dass es dabei Verletzte gab“, berichtet Ernst Albrecht, 18 Jahre lang Chef der Wega und nun im Team von Bundespolizeidirektor Michael Takács. Die Anwendung eines Tasers sei an sich kein Mirakel, betont Albrecht: „Das kann im Prinzip jeder. Aber ein gesamter Taser-Einsatz ist eine sehr komplexe Sache.“Es gehe um die optimale Distanz, die richtige Einschätzung, das Umfeld, das Auswählen der Trefferzone, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.
„Man muss schließlich Druck machen und gleichzeitig auch Druck rausnehmen. Hinzu kommt, dass die Verwendung eines Tasers haptisches Gespür erfordert.“Den Beamten müsse bewusst sein, dass es sich um keine neue „Wunderwaffe handelt. Ein Taser ist kein Zauberstab“, warnt Albrecht. Die Waffe erfordere eine intensive Ausbildung. Geschult werden müssten vor allem taktisches Grundverständnis und Automatismen. „Entscheidend ist die Teamarbeit, das Zusammenspiel zwischen Schützen und Zugreifer. Dieser muss innerhalb von fünf Sekunden bei der getaserten Person sein, weil diese ja vielleicht entwaffnet werden muss.“
Der Taser sei dazu da, Schusswaffengebrauch zu vermeiden, betont Albrecht. Zum Beispiel bei Personen, die sich selbst verletzen wollen. Oder bei solchen mit Schlagwaffen. Oder gänzlich Unbewaffneten, die aber „zwei Meter groß sind, 140 Kilo haben und muskelbepackt sind“, wie der Ex-Wega-Chef ergänzt. Selbst im Fall von aggressiven Hunden könne der Taser geeignetes Mittel zum Zweck sein. Wie viele Taser angeschafft werden sollen und was sie kosten werden, stehe noch in den Sternen, sagt Bundespolizeidirektor Takács. „Wir haben 32.000 Polizistinnen und Polizisten in Österreich. Da jetzt eine Summe zu nennen wäre unseriös.“Die Modelle 7 und X2, die bereits im Einsatz sind, kosten pro Stück um die 100 Euro.
Die Polizei rüstet aber auch bei den Faustfeuerwaffen auf. Diese sollen in Zukunft mit einem Lichtmodul ausgestattet werden. „Bisher haben die Beamten Taschenlampen verwenden müssen“, erklärte Takács. Künftig soll die Lichtquelle direkt an der Waffe angebracht sein. „Damit ist deutlich mehr Stabilität gewährleistet.“Die ersten Lichtmodule sollen in den kommenden Wochen ausgeliefert und anschließend getestet werden. Takács: „Schließlich gibt es nur eine eingeschränkte Zahl an Modellen, die auf unsere Dienstwaffen passen.“Den Preis beziffert der Bundespolizeidirektor mit 150 bis 200 Euro pro Stück.
Justizwache verwendet Taser seit fast 20 Jahren