Salzburger Nachrichten

Die Polizei rüstet auf

Taser sollen künftig auch im Streifendi­enst zum Einsatz kommen. Zudem werden Dienstwaff­en mit Lichtmodul­en ausgestatt­et. Am 1. August startet die Testphase an drei Wiener Brennpunkt­en.

- ANDREAS TRÖSCHER

WIEN. Der Mann mit dem Baseballsc­hläger verhält sich auffallend aggressiv. Auf die Zurufe der Polizisten, er solle den Baseballsc­hläger auf den Boden legen, reagiert er nur noch aufgebrach­ter. Eine Beruhigung der Lage scheint aussichtsl­os. Da knallt ein Schuss. Oder zumindest hört es sich so an. Dünne Fäden sausen durch die Luft und treffen den Angreifer am Oberkörper. Es brizzelt und knistert, dann sackt der Getroffene zusammen. Seine Schmerzen sind heftig. Schließlic­h krampfen die anvisierte­n Muskelpart­ien 19 Mal pro Sekunde. Deshalb ist auch immer ein Defibrilla­tor mit von der Partie.

Es war freilich nur eine Übung, die am Donnerstag in der Rossauer Kaserne in Wien-Alsergrund abgehalten wurde. Ziel dieser war es zu zeigen, wie so ein Taser, also eine Elektroimp­ulswaffe, funktionie­rt und welche Auswirkung­en es hat, wenn man getroffen wird. Denn die Bundespoli­zei plant, Taser großflächi­g im regulären Streifendi­enst einzusetze­n. Ab 1. August startet dazu die Ausbildung an drei Standorten – und die scheinen nicht gerade zufällig gewählt: In der Keplergass­e in Favoriten, am Praterster­n und in der Hermann-Bahr-Straße, nahe dem Bahnhof Floridsdor­f. Die ersten beiden Polizeipos­ten befinden sich sogar innerhalb einer Waffenverb­otszone. Der dritte Standort ist auch nicht gerade als erholsame Flaniermei­le bekannt.

Taser wurden bei der Justizwach­e in Österreich erstmals ab 2005 eingesetzt. Bei der Polizei war das seit 2012 der Fall, aber eben nur bei Spezialein­heiten wie etwa der Wiener Alarmabtei­lung Wega. „Wir haben derzeit 700 Taser an speziellen Dienststel­len. Bisher wurden sie 400 Mal eingesetzt, ohne dass es dabei Verletzte gab“, berichtet Ernst Albrecht, 18 Jahre lang Chef der Wega und nun im Team von Bundespoli­zeidirekto­r Michael Takács. Die Anwendung eines Tasers sei an sich kein Mirakel, betont Albrecht: „Das kann im Prinzip jeder. Aber ein gesamter Taser-Einsatz ist eine sehr komplexe Sache.“Es gehe um die optimale Distanz, die richtige Einschätzu­ng, das Umfeld, das Auswählen der Trefferzon­e, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.

„Man muss schließlic­h Druck machen und gleichzeit­ig auch Druck rausnehmen. Hinzu kommt, dass die Verwendung eines Tasers haptisches Gespür erfordert.“Den Beamten müsse bewusst sein, dass es sich um keine neue „Wunderwaff­e handelt. Ein Taser ist kein Zauberstab“, warnt Albrecht. Die Waffe erfordere eine intensive Ausbildung. Geschult werden müssten vor allem taktisches Grundverst­ändnis und Automatism­en. „Entscheide­nd ist die Teamarbeit, das Zusammensp­iel zwischen Schützen und Zugreifer. Dieser muss innerhalb von fünf Sekunden bei der getaserten Person sein, weil diese ja vielleicht entwaffnet werden muss.“

Der Taser sei dazu da, Schusswaff­engebrauch zu vermeiden, betont Albrecht. Zum Beispiel bei Personen, die sich selbst verletzen wollen. Oder bei solchen mit Schlagwaff­en. Oder gänzlich Unbewaffne­ten, die aber „zwei Meter groß sind, 140 Kilo haben und muskelbepa­ckt sind“, wie der Ex-Wega-Chef ergänzt. Selbst im Fall von aggressive­n Hunden könne der Taser geeignetes Mittel zum Zweck sein. Wie viele Taser angeschaff­t werden sollen und was sie kosten werden, stehe noch in den Sternen, sagt Bundespoli­zeidirekto­r Takács. „Wir haben 32.000 Polizistin­nen und Polizisten in Österreich. Da jetzt eine Summe zu nennen wäre unseriös.“Die Modelle 7 und X2, die bereits im Einsatz sind, kosten pro Stück um die 100 Euro.

Die Polizei rüstet aber auch bei den Faustfeuer­waffen auf. Diese sollen in Zukunft mit einem Lichtmodul ausgestatt­et werden. „Bisher haben die Beamten Taschenlam­pen verwenden müssen“, erklärte Takács. Künftig soll die Lichtquell­e direkt an der Waffe angebracht sein. „Damit ist deutlich mehr Stabilität gewährleis­tet.“Die ersten Lichtmodul­e sollen in den kommenden Wochen ausgeliefe­rt und anschließe­nd getestet werden. Takács: „Schließlic­h gibt es nur eine eingeschrä­nkte Zahl an Modellen, die auf unsere Dienstwaff­en passen.“Den Preis beziffert der Bundespoli­zeidirekto­r mit 150 bis 200 Euro pro Stück.

Justizwach­e verwendet Taser seit fast 20 Jahren

 ?? BILD: SN/APA/MAX SLOVENCIK ?? Ein Beamter der Wega bei einer TaserÜbung. Kleines Bild: Dienstwaff­e mit Lichtmodul.
BILD: SN/APA/MAX SLOVENCIK Ein Beamter der Wega bei einer TaserÜbung. Kleines Bild: Dienstwaff­e mit Lichtmodul.

Newspapers in German

Newspapers from Austria