„Ich fotografiere Klassik mit den Augen eines Punks“
Der konzeptionelle Fotograf Sven-Kristian Wolf will mit seinem Projekt Orchestrapunk das elitäre Image demontieren, das viele Menschen mit klassischer Musik verbinden.
SALZBURG. Er liebe Punk genauso wie klassische Musik, sagt der Fotograf Sven-Kristian Wolf. Weil er festgestellt habe, dass etwa Bekannte, die ebenfalls gerne klassische Musik hören, nie in ein Konzert gehen würden, habe er nachgefragt und auch Ergebnisse entsprechender Studien angeschaut: „Viele haben das Gefühl, nicht dazu zu passen.“
Gemeint ist damit die Bildsprache, in der das Erlebnis klassische Musik meistens dargestellt wird – hochglanztauglich, in Ballkleid, Anzug und Krawatte. Hinzu komme der Eindruck, bei einem Besuch eines klassischen Konzerts unter lauter alten Menschen zu sitzen. „Das ist ja auch ein soziologisches Ereignis. Und da herrscht in den Köpfen ein Bild vor, das die Besucher als homogene, mehr oder weniger alte, gut situierte, vielleicht sogar elitäre Gruppe zeigt. Und da sagen eben viele: Da gehöre ich nicht dazu oder da möchte ich nicht dazugehören“, schildert der gebürtige Oberösterreicher, der nach vielen Jahren in der Stadt Salzburg nun in Wals-Siezenheim lebt.
Als Fan des Punk, „dem demokratischsten aller Musikstile“, könne er es nicht stehen lassen, dass das Marketing für eine Kunstform, die für alle da sei, manche Menschen gedanklich ausschließe. Deshalb hat SvenKristian Wolf vor einem Jahr sein Projekt Orchestrapunk gestartet. Dafür kontaktiert er jeweils seine Lieblingskünstler und fragt, ob er sie während der Arbeit fotografieren darf. „Die sagen dann manchmal Nein, aber meistens Ja“, sagt er. Zusätzlich benötigt er auch das Einverständnis von Veranstaltern und Konzerthäusern – was manchmal schwieriger und manchmal weniger schwierig ist.
Als besonders unkompliziert hätten sich etwa die Osterfestspiele gezeigt – und den Fotografen hinter den Kulissen gewähren lassen. Entstanden sind dabei etwa Fotos bei der Klavierprobe für die Oper „La Gioconda“, Bilder mit den Opernstars Anna Netrebko und Jonas Kaufmann sowie dem Regisseur Oliver Mears.
Mit dem Blick eines Punks demontiert Sven-Kristian Wolf dabei Klischees. „Ich möchte zeigen, dass klassische Musik harte Arbeit ist und Spaß macht“– und das abseits ihres elitären Images.
Zu den von Wolf fotografierten Persönlichkeiten gehört auch Dirigent Sir Simon Rattle. Beim Fest zur Festspieleröffnung fotografierte er das Konzert der Crossover-Kammermusikformation Neuschnee. Bei der Ouverture spirituelle will er die konzertante Aufführung der Oper „Koma“von Georg Friedrich Haas des Klangforum Wien unter der Leitung von Bas Wiegers festhalten. Und: Im August geht es für den Fotografen dann nach New York in die Carnegie Hall zur World Orchestra Week und danach nach Pordenone zu Ingo Metzmacher und dem Gustav-Mahler-Jugendorchester.
Wo man Sven-Kristian Wolfs Bilder dann sehen kann? Zum einen finden sich einige auf seiner Homepage. Zum anderen will der Fotograf seine gesammelten Orchestrapunk-Werke in Buchform herausbringen.