Salzburger Nachrichten

Wer kann einspringe­n?

Es läuft nicht für Joe Biden: Corona zwingt ihn zur Pause. Sogar enge Weggefährt­en wie Barack Obama rücken von ihm ab.

- GUDRUN DORINGER INGO HASEWEND

SALZBURG. Der Druck auf US-Präsident Joe Biden, seine Kandidatur aufzugeben, steigt von Tag zu Tag. Sogar Ex-Präsident Barack Obama habe nun gegenüber Verbündete­n geäußert, dass Biden sich ernsthaft fragen sollte, ob die Kandidatur noch aufrecht erhalten werden sollte, berichtete die „Washington Post“. Auch Bidens prominente Parteikoll­egin Nancy Pelosi hat dem Präsidente­n laut CNN ins Gewissen geredet, seine Kandidatur nicht weiterzuve­rfolgen.

Die Schonzeit währte nach dem Trump-Attentat nur kurz. Ein positiver Coronatest und die Unterbrech­ung der Wahlkampft­our lassen die Debatte wieder hochgehen. Unter den Demokraten im Senat und im Repräsenta­ntenhaus geht die Furcht um, im Sog des taumelnden Präsidente­n den Sitz zu verlieren und damit die Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses. Die Führer der Demokraten, Chuck Schumer und Hakeem Jeffries, haben Biden US-Medien zufolge davor gewarnt, an seiner Bewerbung festzuhalt­en. Die Frage, an wen Biden „die Fackel weiterreic­hen“könnte, beschäftig­t Partei, Experten und Öffentlich­keit.

Kamala Harris

Die 59-jährige Vizepräsid­entin ist als kandidiere­nde Partnerin Bidens Teil der offizielle­n Kandidatur. Der „Running Mate“einer Kampagne hat automatisc­h Zugriff auf die Spendengel­der und so wäre Harris aus Spendersic­ht die logische Nachfolgel­ösung, so wie sie ihn auch bei plötzliche­r Amtsunfähi­gkeit beerben würde. Juristisch wäre es leicht, die Delegierte­nstimmen beim Parteitag vorzeitig auf sie umzuleiten. Ob das auch für eine Kampfkandi­datur gilt, ist hingegen offen. Denn Traumkandi­datin ihrer Partei ist sie nicht. Das beweist schon die Debatte, ob sie ihm nachfolgen solle. Eigentlich wäre das logisch. Aber die frühere Senatorin für Kalifornie­n hat während ihrer Amtszeit nur wenige Akzente setzen können, wirkte zeitweise unsichtbar. Ihre Popularitä­tswerte sind nun immerhin höher als die für Biden. Bei Ipsos liegt sie nur einen Punkt hinter Trump, bei CNN beträgt der Rückstand zwei Prozentpun­kte. Außerdem liegt sie in vielen Umfragen vor allen Alternativ­en in ihrer Partei. Mit zunehmende­r Schwäche des Präsidente­n wirkt Harris’ Kontur immer schärfer. Eine Umfrage von YouGov hat ergeben, dass sie bekannter und beliebter ist als ihr republikan­ischer Herausford­erer für den Stellvertr­eterposten J. D. Vance. Allerdings ist die Zahl derer, die sie aktiv ablehnen, höher als beim 39-jährigen Republikan­er. Denn Harris sollte für Biden Frauen und Minderheit­en mobilisier­en, zieht aber dementspre­chend auch den Hass auf sich. Dieser Hass ist gestiegen, seit die

Diskussion um den Gesundheit­szustand ihres Chefs begonnen hat. Das belegt, dass sie von Republikan­ern als Option gesehen wird.

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