Was so ein paar Tafeln bewirken können
Eine neue Schau erzählt von jüdischer Geschichte in Salzburg. Die Stadt bereitet zudem bereits die Umbenennung von Straßen vor.
„Meistens sage ich, treffen wir uns am Steg, dann wissen alle, welcher gemeint ist“, sagt Hanna Feingold, ehemals Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg (IKG). Manchmal ertappe sie sich dabei, dass sie Makartsteg sagen wolle. Die Brücke inmitten der Stadt Salzburg wurde 2021 nach ihrem verstorbenen Mann Marko Feingold umbenannt. Er verstarb 2019 mit 106 Jahren als damals ältester KZ-Überlebender Österreichs. Vergangene Woche hätte er seinen 111. Geburtstag gefeiert. Am Montag wurde die mittlerweile vierte Ausstellung am Steg von der Kulturabteilung der Stadt eröffnet, die sich diesmal unter dem Titel „Wo? Verortung der Erinnerung“der jüdischen Geschichte in Salzburg widmet.
Von der Theodor-Herzl-Tafel am Mozartsteg, dem Stolperstein für Anna Pollack in der Rainerstraße, deren Geschäft im November 1938 zerstört wurde, bis zur heutigen Synagoge in der Lasserstraße finden sich auf den Schautafeln Hinweise auf gesamt zehn Orte. Die Geschichte werde im Vorbeigehen erzählt, schildert Historiker Albert Lichtblau. Mit QR-Codes erhalte man weiterführende Informationen. Entfernungsangaben sollen veranschaulichen, wie kurz der Weg zur jüdischen Geschichte sei.
Lichtblau hat die Schau gemeinsam mit Hannes Sulzenbacher, Chefkurator des Jüdischen Museums Wien, gestaltet. „Die jüdische Geschichte wird von einem Großteil der Bevölkerung kaum wahrgenommen, umso wichtiger ist es, dass wir diese auf einem zentralen Platz darstellen“, sagt Sulzenbacher. Er wolle aber auch den „weißen Elefanten im Raum“ansprechen: „Der Gaza-Krieg hat antisemitische Reflexe ausgelöst.“
Das bestätigt auch Elie Rosen, Präsident der IKG Salzburg. Die Gemeinde sei immer wieder mit antisemitischen Anfeindungen konfrontiert, etwa durch Nachrichten und E-Mails. Auch die Ausstellungseröffnung war von zwei uniformierten und zwei zivilen Polizeibeamten begleitet. Was sollen da ein paar Tafeln schon bringen, habe sich Rosen zunächst gefragt. „Ich war skeptisch, aber wurde eines Besseren belehrt, denn es bringt Sichtbarkeit.“Rosen übte aber auch Kritik an der diesjährigen Schau: „Nur einer der Orte hat etwas mit der Gegenwart zu tun – die Synagoge. Was ist mit dem gegenwärtigen jüdischen Leben?“Er nannte die Feste, die die Kultusgemeinde feiert, als Beispiele. „Wir wenden uns immer zurück, dabei sollten wir nach vorne schauen.“Die jüdische Gemeinde in Salzburg hat etwa 100 Mitglieder. Es geht Rosen zufolge schon darum, Jüngere anzusprechen, man sei aber auch nicht „auf Mitgliederfang“.
Auch Bürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ) betonte, wie wichtig es sei, die jüdische Gemeinde sichtbarer zu machen. So wird die Synagoge um 1,5 Millionen Euro renoviert, Land und Stadt teilen sich die Kosten. Zudem sollen wie im Arbeitsprogramm der Stadtregierung vereinbart, NS-belastete Straßennamen geändert werden. Das Stadtarchiv Salzburg ist beauftragt, eine Straße für ein Pilotprojekt auszuwählen. Es soll eine der 13 sein, die von der Historikerkommission im Jahr 2021 als bedenklich eingestuft wurden.
Darunter fallen namhafte Personen wie Ferdinand Porsche, Herbert von Karajan oder Tobias Reiser. „Der Karajan-Platz wird es nicht sein, dort wohnen nicht viele“, sagt Auinger. Es solle eine Straße sein, wo das Prozedere gut darstellbar sei, genug Menschen lebten, aber nicht unverhältnismäßig viele betroffen seien.
Noch gebe es keine Entscheidung, sagt Sabine Veits-Falk, Leiterin des Stadtarchivs. Die Kosten seien noch nicht bekannt, sie könne sich aber vorstellen, dass es ähnlich wie in Linz oder Graz Entschädigungen für die Bewohner geben werde. In Linz haben Haushalte 50 Euro erhalten, Vereine und Unternehmen 300 Euro. Die Stadt Linz hat nach eigenen Angaben gesamt 24.000 Euro für die Umbenennung von vier Straßen bezahlt, plus 2500 Euro für vier neue Schilder.
„Es zeigt, wie kurz der Weg zur jüdischen Geschichte ist.“Albert Lichtblau, (Bild: SN/PIN)
Ausstellung: „Wo? Verortung der Erinnerung“, Marko-FeingoldSteg, bis 31. August 2024.