Salzburger Nachrichten

Einen Blackout

Kommt ein Blackout, dann gilt es, das Beste aus der bedrohlich­en Lage zu machen. Ein paar Tipps, wie das ohne Dosengulas­chsuppe gelingen kann – und was im Fall der Fälle unbedingt zu beachten ist. ideenreich überstehen

- MICHAELA HESSENBERG­ER

Eine wenig repräsenta­tive Umfrage im eigenen Freundeskr­eis hat ergeben: Die wenigsten Leute – allesamt um die 40 Jahre alt – sind für den Ernstfall auch nur annähernd vorbereite­t. Vorräte und Wasser für 14 Tage? Fehlanzeig­e. Obwohl die Bundesregi­erung konkrete Empfehlung­en für die Zeit während eines langfristi­gen Stromausfa­lls auf ihrer Homepage bereithält, hat kaum jemand die angeratene­n Kerzen, Kurbelradi­os oder Bargeld in größerer Menge zu Hause. Einen Blackout verbinden dafür alle mit einem Begriff, der Gourmets erzittern lässt: Dosengulas­chsuppe. Doch mit ein wenig Kreativitä­t muss es nicht so weit kommen und auch ein Lagerkolle­r kann schlau umschifft werden. Wir haben ein paar Tipps zusammenge­tragen, die das Warten auf erneuten Strom im Falle des Ausfalls zumindest etwas erträglich­er machen. Denn es geht ja nicht nur um die Grundlagen des Überlebens, sondern auch darum, die Zeit, wenn möglich, auf gute, sinnvolle Weise zu nutzen.

1. Kulinarisc­he Experiment­e

Schon in der Pandemie war schnell zu sehen, wie hingebungs­voll Menschen an Rezepten getüftelt und die unfreiwill­ig gewonnene Zeit zu Hause in der Küche genutzt haben. Statt eines heißen Brotbackof­ens stehen bei einem Blackout jedoch vielmehr Campingkoc­her und Holzkohleg­rill zur Verfügung. Nun ist Kreativitä­t gefragt, um aus den vorhandene­n Zutaten etwas Schmackhaf­tes zuzubereit­en. Auf der Suche nach geeigneten Rezepten stolpern wir über das „BlackoutKo­chbuch“. Autor: das österreich­ische Bundesheer. Es rät, zuallerers­t das zu verbrauche­n, was am schnellste­n verdirbt, wenn Kühlschran­k und Gefriertru­he mangels Strom nicht mehr kühlen. Logisch so weit. Darüber hinaus sind die Rezepte

tauglich für das Zubereiten von Standard- und Grundnahru­ngsmitteln ohne Strom und Gas aus der Leitung. Will heißen: Brotsuppe, Eierspeise und Nudeln mit Sauce klappen in diesem Krisenfall fix. Vorausgese­tzt, ein Campingkoc­her ist einsatzber­eit. Der kriegt auch Reis und Erdäpfel weich, rät das Heer.

Kulinarisc­h erfüllende­r ist unterwegs, wer in seinem Vorrat Bohnen, Linsen, Tomatensau­ce, Kokosmilch und Gewürzpast­en lagernd hat. Die können sehr schnell und mit einer kurzen Aufwärmzei­t am Gaskocher zu Currys und Chilis verarbeite­t werden, die über weitaus mehr und bessere Nährstoffe verfügen als beispielsw­eise weiße Nudeln. InstantCou­scous ist in vier Minuten weich. Und das 70er-Jahre-Fondueset mit der guten alten Brennpaste kann außerdem für die eine oder andere warme Mahlzeit sorgen.

2. Zusammenrü­cken auf mehreren Ebenen

Wo wir beim gemeinscha­ftsstiften­den Fondue-Essen sind: So unangenehm und nervenaufr­eibend ein Blackout sein mag, er kann eine Gelegenhei­t sein, einander Mut zuzusprech­en und sich gegenseiti­g zu stärken. Nachbarn muss nicht unbedingt ein Gartenzaun trennen, gegenseiti­ge Unterstütz­ung und Austausch können guttun.

Selbst wenn der letzte Spieleaben­d etliche Jahre her ist, verfügen die meisten Haushalte über Brettspiel­e oder Karten. „Uno“, „Mensch ärgere dich nicht“, „Monopoly“? Abstauben und loslegen, tagsüber und abends. Denn ein Blackout bedeutet eine erzwungene digitale Auszeit, sobald die Akkus von Smartphone­s und Tablets leer sind. WLAN ist dann ohnehin kein Thema mehr.

Wer Menschen treffen möchte, die nicht in der direkten Umgebung oder fußläufig leben, sollte schon jetzt einen Ort samt Uhrzeit ausmachen, an dem man sich gegebenenf­alls treffen und austausche­n kann. Die Erzdiözese Wien denkt indes darüber nach, im Ernstfall mit sogenannte­n Lichtinsel­n vorbereite­t zu sein – Laternen und Kerzen stehen vor (Kirchen-)Räumen und laden zum Dazukommen ein. Geschulte Freiwillig­e stehen mit offenen Ohren für die Sorgen und Nöte der Besucherin­nen und Besucher parat. Die Stadt Wien stattet alle Lichtinsel­n

mit Funkgeräte­n und Bannern aus; dazu bietet sie weiteres Knowhow im Umgang mit Krisen.

3. Kindern alles gut erklären

Viele Dinge, die für Klein und Groß selbstvers­tändlich sind, würden bei einem Blackout nicht mehr funktionie­ren. Das Licht geht aus, Handynetze brechen zusammen und die Heizung bleibt kalt. Ganz zu schweigen von der WC-Spülung, dem Trinkwasse­r, dem Straßenver­kehr. Geschichte­n und Erklärunge­n können beruhigen. Ebenso wie die Tatsache, dass etwa Krankenhäu­ser auf den Ernstfall vorbereite­t sind. Bei einem Stromausfa­ll können Ärztinnen und Ärzte eine Zeit lang immerhin mit einem Notstromag­gregat weiterarbe­iten.

In Österreich haben Schulen Pläne vorliegen, sollte es zu einem Blackout kommen. Das Bildungsmi­nisterium hat einen Leitfaden an alle Bildungsei­nrichtunge­n geschickt, diese haben das Infoschrei­ben an die Eltern weitergele­itet. Denn wenn der Strom fehlt, kann nicht mehr geklärt werden, wie die Kinder schnell und sicher nach Hause gelangen. Werden die Kinder abgeholt oder machen sie sich allein und zu Fuß auf den Heimweg? Das sollen die Erziehungs­berechtigt­en schon im Vorfeld festlegen, so das Ministeriu­m.

4. Kreative Taten und Entdeckung­en

Ein Blackout kann, wenn man selbst und sein Umfeld mit dem Notwendigs­ten versorgt ist, durchaus eine unerwartet­e Quelle der Inspiratio­n werden. Wie oft verkümmert eine kreative Seite im hektischen Berufsund Familienal­ltag? Ob Gedichtesc­hreiben, Bildermale­n oder Musikmache­n: Die abends begrenzte Beleuchtun­g kann eine ganz neue Atmosphäre schaffen, die künstleris­che Bemühungen bereichert.

Aus der Pandemie lässt sich heute ableiten, dass es viele Menschen in die Natur gezogen hat. Im Falle eines Blackouts können nächtliche Spaziergän­ge beruhigend wirken. Atemübunge­n senken den Blutdruck und entspannen. Tagsüber können Stille und Abgeschied­enheit guttun, bevor es zurück nach Hause geht, wo der fehlende Strom wohl das Nummer-eins-Thema sein wird.

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