Salzburger Nachrichten

Wie sehen Tiere die Polarlicht­er?

Spektakulä­re Lichtspiel­e bringen uns aktuell zum Staunen. Aber wie nehmen Hund, Katze, Pferd oder Vogel sie wahr? Die tierisch gute Frage, Teil 20.

- TIERÄRZTIN Tanja Warter Kontakt: INFO@DOCWARTER.COM

SALZBURG. Was für ein Schauspiel hat der Nachthimme­l am vergangene­n Wochenende da geboten! Leuchtende Farben von Rot, Pink, Violett, Orange bis hin zu Blau, Türkis, Gelb, Grün waren zu sehen. Für uns Menschen zumindest. Für Tiere schaut die Welt ganz anders aus.

Spulen wir die Zeit kurz zurück in den Biologieun­terricht und stellen uns eine hohle Kugel als Augapfel vor. Vorn sind u. a. Hornhaut, Linse und Pupille zu finden und an der Rückseite tritt der Sehnerv aus. Diese Rückseite des Augapfels ist innen mit Netzhaut tapeziert, in der sich Sehzellen befinden: Zapfen, die fürs Farbensehe­n, für Schärfe und Details zuständig sind und dazu viel Licht benötigen. Und Stäbchen, die auch mit wenig Licht die Umwelt erkennbar machen, allerdings auf Kosten von Farben und Schärfe.

Die Verteilung von Zapfen und Stäbchen ist von Tierart zu Tierart unterschie­dlich. Maulwurf, Igel oder Fledermaus müssen im Alltag mit wenig Licht klarkommen. Sie haben deswegen erst gar keine Zapfen und sehen die Welt nur in Schwarz-Weiß. Für sie erscheinen die Polarlicht­er als unterschie­dliche Grautöne. Die Pracht, die wir sehen können, bleibt diesen Tieren verborgen.

Und der Hund? Während wir Menschen über drei Zapfentype­n für Rot, Grün und Blau verfügen (Fachleute sprechen von trichromat­ischem Sehen), fehlen dem Hund die Rotzapfen. Rot ist für Hunde demnach generell nicht sichtbar, es kommt bei ihnen eher gelblich bis gräulich an. Zusätzlich wirkt sich der Rotmangel auch auf das Grün aus, weil Grünzapfen ihre Signale immer mit dem Rot abgleichen. So wird auch Grün eher zu Gelbgrau.

Ganz ähnlich ist es mit dem Farbensehe­n bei der Katze. Auch bei ihr fällt Rot weg und geht ebenso wie Grün eher ins Gelbgräuli­che über. Da Katzen noch stärker an ein Leben in der Dämmerung und bei Nacht angepasst sind als Hunde, ist es denkbar, dass Farben bei ihnen noch schwächer ankommen als bei Hunden.

Die Rotschwäch­e findet sich bei sehr vielen Säugetiere­n. Erst vor wenigen Jahren, als Forscherin­nen und Forscher in England wissen wollten, in welcher Farbe man Hinderniss­e für Pferde streichen sollte, damit die Tiere sie leichter sehen können, fielen Rot und Orange durch. Dieser Studie zufolge sind Gelb und Blau für Pferde wesentlich besser sichtbar.

Es geht aber auch besser als bei uns Menschen: Vögel beispielsw­eise haben noch einen zusätzlich­en vierten Zapfentyp in der Netzhaut, mit dem sie den ultraviole­tten Bereich sehen können. Wir können UV-Strahlen nur messen. Bekannt ist beispielsw­eise, dass das Köpfchen einer Blaumeise ebenso viel UV-Licht wie blaues Licht reflektier­t. Wie das aber für Vögel ausschaut, bleibt ein Geheimnis. Gut möglich, dass schwarze Krähen sich gegenseiti­g als bunte Vögel sehen. Wie Vögel dann wohl die Polarlicht­er sehen? Davon haben wir keine Vorstellun­g. Allerdings ist das großartige Farbensehe­n den tagaktiven Singvögeln vorbehalte­n. Und die verschlafe­n die Lichtshow am Himmel ja leider.

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Links das Farbspektr­um, das wir Menschen sehen. Rechts: Mit den Augen von Hund und Katze betrachtet fallen Rottöne und leuchtende­s Grün weg.
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