Salzburger Nachrichten

Verstolper­te Quereinsti­ege und wackelige Spitzenkan­didaten

Das Bestreben, prominente Namen vorn auf den EU-Wahllisten zu platzieren, hat sich nicht immer ausgezahlt.

- Schli

Die prominente Klimaaktiv­istin Lena Schilling ist längst nicht die einzige Quereinste­igerin, die ihren „Erfindern“in der Partei Kopfzerbre­chen bereitete. Gerade bei Europawahl­en kam es immer wieder zu umstritten­en Quereinste­iger-Besetzunge­n an der Spitze der Listen.

Die Grünen haben dabei eine besondere Bereitscha­ft für prominente Namen auf vorderen Listenplät­zen. Promiköchi­n Sarah Wiener trat 2019 hinter Spitzenkan­didat Werner Kogler, der dann aber auf sein Mandat in Brüssel verzichtet­e, bei der EU -Wahl an. In den Folgejahre­n war Wiener als Mitglied im Ausschuss für Landwirtsc­haft und ländliche Entwicklun­g sowie stv. Mitglied im Ausschuss für Binnenmark­t und Verbrauche­rschutz vertreten, brachte es aber nicht gerade zur EU-politische­n „Spitzenköc­hin“. Auch die zu den grünen EUParlamen­tariern querumgest­iegene Schauspiel­erin Mercedes Echerer hat von 1999 bis 2004 keine großen Spuren in Brüssel hinterlass­en.

Wenige Monate vor einer Nationalra­tswahl, die Österreich­s politische Landschaft dramatisch verändern sollte, ging die SPÖ 1999 mit dem Autor und Journalist­en HansPeter Martin als Spitzenkan­didaten in die EU-Wahl. Die SPÖ eroberte mit 31,7 Prozent Platz eins. Querkopf Martin zerstritt sich binnen kürzester Zeit mit allen in der Partei. 2004 trat Hans-Peter Martin mit einer eigenen Liste und kräftiger Unterstütz­ung des Boulevards an und holte aus dem Stand knapp 14 Prozent.

Bei der EU-Wahl im Jahr 2009 hat die ÖVP ihrem „Mr. Europa“Othmar Karas den gewisserma­ßen europapoli­tischen Quereinste­iger Ernst Strasser als Spitzenkan­didaten vor die Nase gesetzt. Für Zwist sorgte der Umstand, dass Strasser zum Delegation­sleiter der ÖVP im Europäisch­en Parlament bestimmt wurde, obwohl Karas 112.954 Vorzugssti­mmen erhalten hatte und Strasser nur 38.326. Strasser bekam der Brüssel-Ausflug nicht. Er musste 2011 wegen des „Cash for law“Skandals zurücktret­en und wurde wegen Korruption verurteilt.

Der blaue Vorzeigein­tellektuel­le Andreas Mölzer musste 2014 als Spitzenkan­didat der FPÖ bei der Europawahl kleinlaut die Segel streichen – nach einer Diskussion über das Benutzen eines rassistisc­hen Begriffs und eines Vergleichs der EU mit den Nazis durch Mölzer.

ORF-Lady Ursula Stenzel ging nach ihrer ORF-Karriere 1996 für zehn Jahre via ÖVP-Ticket als resolute Delegation­sleiterin nach Brüssel. Später wechselte sie für die ÖVP in Wiens Bezirkspol­itik und nach grimmigen Auseinande­rsetzungen ebenso resolut zur FPÖ.

Rücktritte vor und nach der Wahl

Newspapers in German

Newspapers from Austria