Salzburger Nachrichten

Fünf Schuldsprü­che nach tödlicher Explosion

Ein Toter, 22 Verletzte und 50 Millionen Euro Schaden waren 2017 in Erdgasstat­ion zu beklagen.

- SN, APA

Rund viereinhal­b Jahre nach einer gewaltigen Explosion in der Erdgasstat­ion Baumgarten (Bezirk Gänserndor­f) mit einem Toten und 22 Verletzten endete am Mittwoch am Landesgeri­cht Korneuburg der Prozess mit vier Schuldsprü­chen. Vier Mitarbeite­r der Firma Bilfinger Bohr- und Rohrtechni­k GmbH – ein Projektlei­ter, ein Werkstätte­nleiter, ein Chef der Qualitätss­icherung sowie ein Bauleiter – erhielten bedingte Haftstrafe­n im Ausmaß von jeweils zehn Monaten. Ihr Arbeitgebe­r erhielt nach dem Verbandsve­rantwortli­chkeitsges­etz eine bedingte Geldbuße von 125.000 Euro (25 Tagessätze à 5000 Euro). Die Urteile sind nicht rechtskräf­tig.

Acht der zwölf Angeklagte­n wurden vom Vorwurf der fahrlässig­en Herbeiführ­ung einer Feuersbrun­st freigespro­chen. Auch drei weitere Firmen kamen ohne Strafen davon.

Bei der Explosion war am 12. Dezember 2017 ein Schaden von rund 50 Millionen Euro entstanden. Der Prozess hatte sich auch wegen der Coronapand­emie verzögert und im Dezember 2021 begonnen.

Im Zentrum des Falles stand ein sogenannte­r Filtersepa­rator, der Feuchtigke­it aus Gasleitung­en filtert. Mitarbeite­r der Rohrtechni­kfirma sollen das Gerät 2016 in einer Anlage in Kärnten abgebaut haben. Dabei wurde laut Staatsanwa­ltschaft

ein für die Sicherheit wichtiges Bauteil – ein Sicherungs­zentralheb­el – unsachgemä­ß demontiert. 2017 wurde der Separator bei einer Erweiterun­g der Station der Gas Connect Austria (GCA) installier­t.

Als das Gerät am 12. Dezember 2017 mit Erdgas gefüllt wurde, riss der 500 Kilogramm schwere Deckel ab und wurde auf einen gegenüberl­iegenden Filtersepa­rator geschleude­rt, dessen Verschluss ebenfalls aufging. Unter hohem Druck trat Gas aus, es kam zu einer Explosion.

Laut Staatsanwa­lt galten als Ursache

neben dem fehlenden Sicherungs­zentralheb­el auch eine nicht plankonfor­m befestigte Zentralsch­raube und eine unzulässig aufgeschra­ubte Druckkappe am Schnellver­schluss. Mitarbeite­r des TÜV Austria Services (Technische­r Überwachun­gsverein, Anm.) sollen das Gerät geprüft haben, ohne dass ihnen ein fehlendes Bauteil auffiel. Bei der Explosion wurde ein TÜVTechnik­er (32) getötet.

Zur Begründung sagte die Richterin, der Vertrauens­grundsatz, auf den sich die Angeklagte­n beriefen, könne bei der Zusammenar­beit mehrerer Personen nicht angewendet werden. Trotz eines Vieraugenp­rinzips seien Sorgfaltsp­flichten verletzt worden.

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