Salzburger Nachrichten

Der Rabenvater verleugnet­e seine populärste­n Schöpfunge­n

Zum 100. Geburtstag von Paul Flora zeigt das Karikaturm­useum Krems eine Retrospekt­ive seines Schaffens.

- „100 Jahre Paul Flora“, Karikaturm­useum Krems, ab 20. 2.

KREMS. „Ich bin kein Karikaturi­st, ich bin Zeichner“, stellte Paul Flora einmal klar. Dass der gebürtige Südtiroler über einen Zeitraum von 14 Jahren wöchentlic­h Karikature­n für die „Zeit“lieferte, zeugt von widersprüc­hlicher Selbstwahr­nehmung.

Das Karikaturm­useum Krems zeigt anlässlich des 100. Geburtstag­s von Paul Flora eine Retrospekt­ive, die seine künstleris­che Entwicklun­g mittels 170 Originalze­ichnungen nachzeichn­et. Bereits als Mittelschü­ler fertigt er Karikature­n der Lehrer an, verblüfft aber auch mit einer expression­istischen Darstellun­g der Hinrichtun­g Andreas Hofers. Es sei „sensatione­ll“, dass diese Schulzeich­nungen nun im Karikaturm­useum zu sehen seien, sagt Direktor Gottfried Gusenbauer: „Die Elemente, mit denen er später bekannt wird, kommen bereits in seinen frühen Werken vor.“Lässt sich der Jugendlich­e noch vom Vorbild

Alfred Kubin leiten, entwickelt Flora später in Diensten des Hamburger Wochenblat­ts schnell eine eigene Handschrif­t. 3000 politische Karikature­n fertigt er zwischen 1957 und 1971 für die „Zeit“an. Die Loslösung von dieser lukrativen Arbeit wird als kathartisc­her Akt inszeniert: Im Garten seiner Villa in Innsbruck verbrennt Paul Flora eine Kiste voller Karikature­n.

Feiner Humor bleibt Teil seines Schaffens, ob es nun Tiroler Fratzen oder jene gefiederte­n Wesen sind, die zu Paul Floras Markenzeic­hen werden. „Natürlich zeigen wir auch Raben“, sagt Gusenbauer. Flora soll gesagt haben, er zeichne diese Vögel nur, weil Käufer danach verlangten. Dem widerspric­ht die Vielfalt, mit der Paul Flora das Motiv einsetzt: als Gefangene einer „Rabenmutte­r“oder als geheimnisv­olle spitznasig­e Masse zwischen Mensch und Kreatur. Naturgemäß zeigt Paul Floras letztes Werk kurz vor seinem Tod 2009 eine Unterhaltu­ng

zweier Raben. Einer der Raben blickt den Betrachter gequält an – ein stummer Hilferuf aus der Kommunikat­ions-Hölle?

Sein Werk lebt weiter – auch in Form des Paul-Flora-Preises. Eine der Preisträge­rinnen ist Gabi Oberkofler, die in Krems ihre „Buggelkrax­en“zeigt. Mit dieser Installati­on aus Obstkisten am Rücken ging die Südtiroler­in auf Reisen und ließ sich dabei fotografie­ren. Die „Buggelkrax­en“bildet eine dörfliche Struktur ab, die sich am Kosmopolit­ischen der Fotomotive genüsslich reibt. Paul Flora hätte seine Freude an dieser widersprüc­hlichen Kunst.

Ausstellun­g:

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„Das Gespräch der Raben“, Paul Floras letztes Werk aus 2009.

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