Wie kommt Russland zum Donbass?
Warum der Kreml die „Volksrepubliken“als Faustpfand braucht.
2013 hatte Moskau sein Blatt ausgereizt. Kremlchef Wladimir Putin setzte auf seinen Schützling Viktor Janukowitsch, den Ministerpräsidenten der Ukraine, um ein fertig verhandeltes Assoziierungsabkommen mit der EU wieder zu kippen. Doch Putin hatte die Stimmung unterschätzt. Ein Aufschrei war die Folge, die Lage eskalierte, Janukowitsch wurde vom Volkszorn ins Exil gezwungen.
2014 wartete Putin noch die Olympischen Spiele in Sotschi ab. Kurz darauf griff er die Ukraine an und besetzte die Halbinsel Krim. Eine weitere Gelegenheit bot sich in den russischsprachigen ostukrainischen Industrie- und Kohleregionen Donezk und Luhansk. Moskau lenkte dort einen Aufstand, schickte Geld, Waffen und Truppen. Die beiden Territorien in einer Größe von Dänemark erklärten sich schließlich als „Volksrepubliken“für unabhängig.
Die Ukraine betrachtet die Gebiete wie die Krim als „zeitweilig besetzt“. Auch Russland sieht sie offiziell als Teil der Ukraine und hat sie nicht völkerrechtlich anerkannt. Die Grenze zu Russland aber ist offen. De facto werden die beiden „Volksrepubliken“völlig von Moskau kontrolliert. Die Führung wird vom Kreml eingesetzt, russisches Geld hält die Wirtschaft am Laufen, Russlands Armee bietet Schutz und Waffen.
Von der formellen Anerkennung ist der Kreml bislang zurückgeschreckt, und das aus gutem Grund. Moskau braucht die beiden Regionen als Faustpfand gegen Kiew. Es drängt darauf, sie als autonome Gebiete wieder in die Ukraine einzugliedern – mit einer Führung, die nach Moskaus Pfeife tanzt. Damit hätte Wladimir Putin indirekt ein Vetorecht bei außenpolitischen Entscheidungen der Ukraine, etwa einer weiteren Annäherung an den Westen oder einem NATO-Beitritt.
Sollte Russland die „Volksrepubliken“jedoch als eigenständige Staaten anerkennen, wäre dieser Plan gescheitert.
In den Regionen Donezk und Luhansk leben laut Schätzungen nur noch rund drei Millionen Menschen, davon fast 40 Prozent Pensionisten. Mehr als die Hälfte der ursprünglichen Bevölkerung ist in die Ukraine geflohen.
Moskau hat Hunderttausende russische Pässe an die verbleibenden Menschen ausgegeben und unterhält angeblich eine Streitmacht von mehr als 30.000 Mann.