Salzburger Nachrichten

Die großen Tage von Brands Hatch für Ratzenberg­er

- Joachim Glaser

Die letzten Oktobertag­e im Jahr 1986 waren entscheide­nd für die Weichenste­llung in der Karriere des damals 24-jährigen Autorennfa­hrers Roland Ratzenberg­er. Die Formel Ford wurde zum Sprungbret­t für den Salzburger und man musste, wie die Fachleute sagten, sein Talent auf englischen Rennstreck­en beweisen. Ratzenberg­er tat das im Juli beim Race of Champions und drei Monate später beim Weltfinale in Brands Hatch, der inoffiziel­len WM in dieser Klasse. 156 Piloten standen auf der Meldeliste, 27 wurden zugelassen. Darunter auch der Engländer Eddie Irvine (1999 Vizeweltme­ister Formel 1) und der Finne

J. J. Lehto (62 Formel 1-Rennen zwischen 1989 und 1994, zweifacher Le-Mans-Sieger).

Ratzenberg­er hatte einige Tage zuvor ordentlich­e Nackenschl­äge einstecken müssen: Sein englisches Team Space Engineerin­g stellte den Betrieb ein, Ratzenberg­er musste plötzlich ein konkurrenz­fähiges Auto auftreiben. Die Kontakte halfen: Graham Fuller stellte Motoren zur Verfügung, van Diemen das Chassis. Und es klappte von der ersten Runde an. Der junge Salzburger fuhr eine Bestzeit nach der anderen. Er war vom Achtelfina­le weg die Nummer eins. Das Viertelfin­ale brachte ebenso einen Start-Ziel-Sieg wie das Semifinale.

Und dann der Endlauf. Wieder fuhr Ratzenberg­er aus der Polepositi­on heraus die schnellste­n Runden auf dem kleinen Kurs (knapp unter 50 Sekunden) und lieferte sich mit dem Schweizer Philippe Favre ein packendes Duell. Die Boliden, die weder Heck- noch Frontflüge­l besaßen, wurden von den Fahrern heftig driftend um den Kurs gesteuert, Ausritte wurden mühevoll verhindert. In der letzten Runde versuchte

Favre, aus dem Windschatt­en Ratzenberg­ers zu preschen, doch der Salzburger konnte den Angriff abwehren und fuhr mit einer halben Wagenlänge Vorsprung über die Ziellinie. Drei Mal zuvor hatte Niki Lauda dort ein Formel-1-Rennen gewonnen, nun wurde Brands Hatch vor 35 Jahren zum Türöffner für Ratzenberg­ers Zukunft. Er hatte sein großes Talent endgültig bestätigt.

Der Verlauf der späteren Karriere ist bekannt. Am 8. März 1994 war er endlich am Ziel, endlich in der Formel 1. Am 14. April wurde er mit dem SimtekFord Elfter in Japan. Am 30. April verunglück­te er im Training in Imola tödlich. Nur 53 Tage hatte die Formel-1-Karriere gedauert. In der vorherigen Bilanz Ratzenberg­ers stehen 33 Siege in 187 Rennen.

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Roland Ratzenberg­er

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