Salzburger Nachrichten

Personal fehlt: Hotelbette­n bleiben leer

Britische Skilehrer fallen nach dem Brexit jetzt auch in die aus Sicht der Hoteliers ohnehin viel zu niedrige Saisonarbe­iterquote.

- BERTHOLD SCHMID STEFANIE SCHENKER

Buchungsan­fragen, die abgelehnt werden müssen, und eingeschrä­nkte Küchenzeit­en: Der Arbeitskrä­ftemangel im Tourismus hinterläss­t mittlerwei­le sichtbare Spuren. Und jetzt ist ein neues Problem aufgetauch­t: Weil britische Skilehrer nach dem Brexit in das Kontingent der Saisonarbe­itskräfte aus Drittstaat­en fallen, droht eine weitere Verknappun­g bei den dringend benötigten Saisonkräf­ten in der Hotellerie.

394 Saisonkräf­te – plus eine Überziehun­gsquote von maximal 20 Prozent: Das ist das Kontingent an Arbeitskrä­ften aus Drittstaat­en, das dem Salzburger Tourismus zur Verfügung steht. „Schon jetzt sind 210 Anträge eingegange­n“, sagt die Salzburger AMS-Chefin Jacqueline Beyer. Jeder Fall wird einzeln geprüft – nur wenn das AMS innerhalb von sechs Wochen keine Ersatzarbe­itskraft aus dem heimischen

Arbeitsmar­kt stellen kann, wird der Antrag genehmigt. „Bei der aktuellen Arbeitslos­enquote von 3,5 Prozent ist es aber unrealisti­sch, dass wir Ersatzarbe­itskräfte finden“, sagt die AMS-Chefin. Damit nicht auch noch britische Skilehrer die Quote belasten, sei man jetzt intensiv auf der Suche nach Skilehrern aus EU-Ländern wie Dänemark. In der letzten Wintersais­on vor Corona seien 120 britische Skilehrer in Salzburg beschäftig­t gewesen. „Wenn wir jetzt zumindest 40 dänische Skilehrer finden, dann hätten wir schon ein großes Ziel erreicht“, erklärt Jacqueline Beyer.

Geht es nach Georg Imlauer, dem Obmann der Fachgruppe Hotellerie in der WKS, dann brauche die Branche für die Wintersais­on das Zehnfache der für Salzburg genehmigte­n Saisonkräf­te aus Drittstaat­en. Ohne eine massive Erhöhung dieses Kontingent­s könnten viele Betriebe nur mehr Zimmer mit Frühstück, aber keine Halbpensio­n mehr anbieten oder zum Teil gar nicht erst aufsperren. „Dann kann es sein, dass Sie in manchen Winterspor­torten als Gast eigentlich jetzt schon einen Tisch für’s Abendessen buchen“, sagt Georg Imlauer. Er befürchtet, dass der Arbeitskrä­ftemangel nicht nur einen finanziell­en Schaden, sondern auch einen Imageschad­en für die österreich­ische Gastlichke­it mit sich bringen wird.

Auch in seinen Häusern – Imlauer betreibt in Wien und Salzburg und Aigen im Ennstal insgesamt sieben Hotels – gab und gibt es Einschränk­ungen. „Wir konnten im Sommer Dutzende Zimmer nicht verkaufen. Und wir mussten Gäste, die nur eine Nacht bleiben wollten, ablehnen“, berichtet Imlauer. Der Grund war der „eklatante Mangel an Hilfskräft­en“, der sich bis in die Zulieferbr­anchen der Hotellerie ziehe – und auch Wäschereie­n betreffe. „Wir haben schlicht nicht mehr genug frische Wäsche bekommen“, sagt der Hotelier. Die Situation mit der Wäsche habe sich wieder entspannt, aber die Küchenzeit­en in den Restaurant­s der Imlauerbet­riebe bleiben eingeschrä­nkt, warme Küche gibt es nun nicht mehr bis 23 Uhr.

Immer wieder Gäste abweisen muss auch das Hotel Ebner’s

Waldhof in Fuschl am See. „Wir könnten zwar Super-Umsätze machen, aber es geht einfach nicht, die Kapazitäte­n sind erschöpft“, sagt Geschäftsf­ührerin Daniela Kari-Ebner und ergänzt, dass man die Mitarbeite­r, die man habe, nicht überforder­n wolle. Sie überlege, auf der zum

Hotel gehörenden Alm und dem Restaurant beim Golfplatz einen dritten Ruhetag einzuführe­n.

Als „katastroph­al“bezeichnet die Personalsi­tuation auch Sebastian Baier vom Hotel und Restaurant Wastlwirt in St. Michael im Lungau, der mit 26. November in die Wintersais­on startet. In dem Vier-Sterne-Familienbe­trieb fehlt ein Viertel der Stammmanns­chaft – zwei Stubenmädc­hen, eine Rezeptioni­stin, ein

Wir versuchen jetzt, dänische Skilehrer für Salzburg zu gewinnen.

Jacqueline Beyer, Salzburger AMS-Chefin

Koch, ein Kellner sowie ein Hausmeiste­r. „Für die Familie bedeutet dies, dass die Eigenleist­ungen schon voll ausgeschöp­ft werden – wir sind bis zu 80 Stunden in der Woche im Haus. Wir wollen unsere Dienstleis­tungen nicht einzuschrä­nken, sondern uns auf unsere Hausgäste konzentrie­ren“, sagt der Hotelier.

Im Hotel Aberseehof am Wolfgangse­e mit 62 Betten fehlten auch schon im Sommer fünf Mitarbeite­r. „Das hatte zur Folge, dass die Familie überall einspringe­n hat müssen. Ich habe mich selbst in die Küche gestellt und den Abwäscher zur Küchenhilf­e umgelernt. Wenn jetzt die Adventmärk­te am Wolfgangse­e aufsperren, wird es wohl nicht besser, denn für die rund sechs Wochen werden sich auch keine neuen Mitarbeite­r finden“, meint Hotelier Franz Gassner.

Auch beim Krallerhof in Leogang läuft die Suche nach Mitarbeite­rn auf allen Kanälen. Sie fehlen vor allem in den Bergbetrie­ben – zum Krallerhof gehören die Kraller Alm, die Alte Schmiede und das Asitzbräu. „Wir hatten im Sommer in den Bergbetrie­ben rund 60 Mitarbeite­r, für den Winter benötigen wir an die 140“, sagt Krallerhof-Personalch­ef Kadir Eisenmann. Von den insgesamt 320 Mitarbeite­rn für Hotel und Bergbetrie­be fehlen für den heurigen Winter 48. Georg Imlauer könnte in seinen Betrieben auf der Stelle 20 bis 30 Mitarbeite­rn aufnehmen und das ganzjährig, sagt er. Während der Fachkräfte­mangel die Branche schon mehrere Jahre begleite, sei das Fehlen von Hilfskräft­en ein neues Phänomen – zumindest in dem Ausmaß, wie man es jetzt zu spüren bekomme, sagt Georg Imlauer. Und das liege nicht etwa daran, dass man zu wenig bezahle oder so schlechte Arbeitsbed­ingungen biete. Sondern: Die Abwäscher und Stubenmädc­hen seien mit Beginn der Pandemie in ihre meist osteuropäi­schen Heimatländ­er Ungarn, Tschechien, Slowenien und Kroatien zurückgeke­hrt – und seither nicht wiedergeko­mmen. Aufgrund langer Lockdowns hätten sie sich in ihren Heimatländ­ern arrangiert und dort Arbeit angenommen. Ein anderer Teil habe die Zwangspaus­e für Umschulung­en genutzt und sei in den Pflegebere­ich abgewander­t. Letztlich würden die Betriebe nicht umhinkomme­n, Leistungen einzuschrä­nken, warnt er.

Die fehlenden Mitarbeite­r kämen auch nicht wieder, wenn man das Saisonkont­ingent erhöhe. Was ihm abgehe, seien Analysen zu den Gründen des Mitarbeite­rschwunds, so der Salzburger AK-Präsident Peter Eder.

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Georg Imlauer fordert eine Verzehnfac­hung der Saisonnier­quote.

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