Geringe Wirkung für die Mehrheit
Herr Koller, in Ihrem Kommentar „Die überstrapazierte Solidarität“vom 20. 9. beschreiben Sie, dass es nur mehr eine Frage der Zeit sei, bis Geimpfte die Coronaschutzmaßnahmen nicht mehr mittragen würden. Daher schien es Ihnen ein probates Mittel, Arbeitslosen, die aufgrund ihrer fehlenden Impfung keinen Job fänden, das Arbeitslosengeld bzw. die Mindestsicherung zu kürzen.
Einerseits möchte ich Ihnen beipflichten. Dass notwendige Operationen verschoben werden müssen, weil aufgrund einer vermeidbaren Erkrankung Intensivbetten besetzt sind, ist unsolidarisch. Und auch regelmäßige Gratistests für Ungeimpfte, die wir als Solidargemeinschaft finanzieren, verursachen mit Sicherheit Unsummen. Andererseits scheinen im Vergleich zu den anfallenden Kosten eines Lockdowns oder des erhöhten pandemischen Risikos, falls sich Ungeimpfte überhaupt nicht mehr testen lassen, Gratistests doch der billigere und sicherere Weg zu sein. Wie Sie selbst schreiben, hält sich die Anzahl der betroffenen Arbeitslosen ohnehin „in Grenzen“, weshalb die Aufregung darüber „ein wenig künstlich“erscheint. Wenn wenige von dieser Maßnahme betroffen sind und diese als Einzelmaßnahme ergriffen wird, so kann man sich davon wenig Wirkung in der Bekämpfung einer Pandemie erwarten. Worum geht es dann also? Im Grunde geht es doch wieder um das Treten nach unten. Die Arbeitslosen werden zuerst gezwungen, sich impfen zu lassen, denn sie haben keine Interessenvertretung. Aus gesellschaftlicher Sicht stellen Arbeitslose jedenfalls kein höheres Ansteckungsrisiko dar als Personen, die täglich ins Büro kommen.
Paul Leuthner,