Prozess um Millionenbetrug beim Semmeringbasistunnel
Am Montag begann am Landesgericht Leoben ein recht ungewöhnlicher Betrugsprozess. Beim Bau des Semmeringbasistunnels für die Bahn – konkret beim sieben Kilometer langen Tunnelabschnitt Grautschenhof in der Steiermark – sollen in den Jahren 2018 und 2019 große Mengen an Baumaterial im Wert von 1,6 Millionen Euro sowie Diesel um 200.000 Euro abgezweigt worden sein. Dabei soll unter anderem mit Scheinrechnungen gearbeitet worden sein.
Angeklagt sind sechs Männer: drei Niederösterreicher (35, 40, 48), ein Burgenländer (53), ein Tiroler (59) und ein Oberösterreicher (68). Nur einer davon, der 48-jährige Niederösterreicher, zeigt sich umfassend geständig. Die Anwälte der anderen Angeklagten erklärten, ihre Mandanten seien erfolgreich in ihren Berufen und hätten solche strafbaren Handlungen nicht nötig.
Den Beschuldigten drohen bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe, wenn jemand mehr als 300.000 Euro Schaden verursacht haben sollte, sogar bis zu zehn Jahre.
Für Staatsanwältin Elisabeth Uller ist der 35-jährige Niederösterreicher
der „Dreh- und Angelpunkt“des Falles. Er war als Baukaufmann für die ausführende Arbeitsgemeinschaft beim Tunnelbau tätig und sollte die Rechnungen kontrollieren. Sein Verteidiger sagte: „Drei der sechs Angeklagten sind vollkommen unschuldig. Es ist grotesk, wie die Kriminalpolizei ermittelt hat.“
Als erster Beschuldigter wurde der 48-jährige Niederösterreicher befragt. Er war von Anfang an geständig und gab zu, beim Abzweigen des Diesels geholfen zu haben. Der Zweitangeklagte habe ihn dazu ins Boot geholt: „Er fragte mich, ob ich nicht ein paar Bauern wüsste, die Diesel brauchen, der beim Semmeringbasistunnel übrig bleibt.“Der 48-Jährige kassierte bei den Landwirten das Geld, sie zahlten für den Treibstoff 70 bis 80 Cent pro Liter. Zum Teil sei der Inhalt eines ganzen Tankwagens auf diese Weise verkauft worden. Der Erlös sei das „Körberlgeld für die Oberen“und das sei so üblich, soll der 35Jährige gesagt haben. Die Landwirte hätten gewusst, dass der Diesel von der Tunnelbaustelle kam, so der Zweitangeklagte. Im Prozess sind elf Verhandlungstage geplant.SN,