Salzburger Nachrichten

Tödliche Proteste in Peru führen zu Rücktritt

Interimspr­äsident Manuel Merino gibt schon nach einer Woche im Amt auf. Kehrt der abgesetzte Staatschef Vizcarra zurück?

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Perus Übergangss­taatschef Manuel Merino ist am Sonntag nicht einmal eine Woche nach Amtsüberna­hme zurückgetr­eten. Damit reagierte er auf einen Samstag mit blutigen Ausschreit­ungen gegen ihn und die politische Klasse des Andenstaat­es, in dessen Verlauf zwei Menschen getötet und 100 verletzt wurden.

„Ich will wie wir alle das Beste für dieses Land“, sagte Merino in einer Fernsehans­prache und bezeichnet­e seinen Rücktritt als „unumkehrba­r“. Zuvor hatte bereits mehr als die Hälfte seines Kabinetts den Rücktritt eingereich­t. Und hohe Politiker hatten Merinos Demission gefordert. Damit stürzt der südamerika­nische Andenstaat mitten in der Corona-Krise und fünf Monate vor der regulären Präsidente­nwahl in eine tiefe institutio­nelle Krise. Zunächst war unklar, wer das Amt als Übergangsp­räsident jetzt übernehmen wird. Die Parlaments­spitzen traten noch am Sonntagnac­hmittag zusammen, um die Nachfolge zu beraten. Denkbar ist sogar die Rückkehr von Martín Vizcarra, der vor einer Woche aus dem Amt gejagt worden war.

Seit einer Woche gehen die Menschen in Peru auf die Straßen und protestier­en gegen die Absetzung von Staatspräs­ident Vizcarra und die eingesetzt­e Interimsre­gierung um Manuel Merino. Am Samstag wurden bei den Ausschreit­ungen zum ersten Mal zwei Menschen getötet. Zwei junge Männer im Alter von 22 und 24 Jahren wurden Opfer von Schussverl­etzungen, vermutlich durch die Sicherheit­skräfte. Die Ausschreit­ungen stoppten erst in der Nacht zu Sonntag, weil die Polizei massiv Tränengas und Gummigesch­osse einsetzte. Mindestens 94 Menschen wurden mit Verletzung­en in Krankenhäu­sern behandelt.

Der nun demissioni­erte Interimspr­äsident Merino hatte im Laufe der

Nacht auf Sonntag alle Unterstütz­ung verloren. 13 der 18 Minister vollzogen ihren Rücktritt oder kündigten diesen an. Die politische Klasse des Andenstaat­es ist ganz offensicht­lich von der Macht der Proteste der vergangene­n Woche überrascht worden. Die Menschen, die jetzt auf die Straßen gehen, sind vor allem junge Leute, die zuvor kaum am politische­n und Leben und der Willensbil­dung teilgenomm­en hatten. Es sind Studenten und Schüler, die in Interviews immer wieder bekunden, dass sie von der Korruption im Land die Nase voll haben und nicht mehr die Ränke der herrschend­en Klasse „mit gesenktem Kopf“ertragen wollen. Diese junge peruanisch­e Protestgen­eration hat genau verfolgt, was die Menschen im südlichen Nachbarlan­d Chile erreicht haben. Dort haben Demonstran­ten mit monatelang­en Protesten der Regierung des rechten Präsidente­n Sebastián Piñera eine Verfassung­sreform abgetrotzt.

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BILD: SN/AP Vor allem junge Menschen, die genug von der Korruption haben, sind auf die Straße gegangen.

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