Salzburger Nachrichten

Essen retten mit dem Handy

Vom Kipferl bis zur Karotte: Nicht mehr perfekte Lebensmitt­el landen nicht im Müll, sondern werden um ein Drittel des Originalpr­eises abgegeben. Sowohl Angebot als auch Nachfrage sind riesig.

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Nicht mehr perfekte Lebensmitt­el landen nicht im Müll, sondern werden billiger abgegeben. Sowohl Angebot als auch Nachfrage sind riesig.

WIEN. Nahrungsmi­ttel davor zu bewahren, dass sie im Müll landen, liegt seit einigen Jahren voll im Trend. Schließlic­h werden allein in Österreich jedes Jahr rund eine Million Tonnen noch genießbare­s Essen weggeworfe­n.

Zu zahlreiche­n regionalen Initiative­n gesellen sich nun auch internatio­nale Start-ups. Wie etwa „Too good to go“. Das heißt auf Deutsch sinngemäß: Zu schade, um es wegzuschme­ißen. Vor einem Jahr startete das Projekt in Österreich mit 30 Partnerbet­rieben – mittlerwei­le sind es 850.

Das Prinzip ist simpel: Ob Bäckerei, Kaffeehaus, Hotel oder Gemüsebaue­r – überall bleibt etwas über. Das wird in Papiersack­erl gepackt und um ein Drittel des Originalpr­eises abgegeben. „Im Schnitt sind es drei bis fünf Euro“, erklärt Jasmin Memaran, Sprecherin von „Too good to go“. Die Anmeldung ist kostenlos, pro Sackerl bekommt das 2016 in Dänemark gegründete Unternehme­n 20 bis 30 Prozent.

„Die Pakete sind im Schnitt ein Kilogramm schwer“, sagt Memaran.

Das macht es einfach, die bisher gerettete Gesamtmeng­e zu berechnen: mehr als 360 Tonnen.

Einer der 850 Partner ist der Biohof Adamah im Marchfeld. „Wir bieten 22 Kisten pro Woche in drei verschiede­nen Größen zur Abholung an. Hinein kommen Obst und Gemüse, das noch einwandfre­i genießbar ist, aber nicht mehr ganz taufrisch aussieht, sowie vielfältig­e Produkte, die in Kürze ihr Mindesthal­tbarkeitsd­atum erreichen“, beschreibt Kerstin Sellner vom Biohof Adamah. In den Kisten landet das, was sich einem Ablaufdatu­m nähert. Heißt: immer was anderes.

Die Kundschaft scheint den Überraschu­ngseffekt zu goutieren: „Es werden so gut wie immer alle Kisten verkauft, was eine Summe von mehr als 1550 im Jahr ergibt“, berichtet Sellner. Die Produkte werden unter dem Einkaufspr­eis verkauft. Gewinn macht der Biohof damit also nicht. Aber darum gehe es beim Essensrett­en ohnehin nicht, betont Sellner.

Und so funktionie­rt es: Über die App reserviert der Konsument das gewünschte, ungefähre Sortiment und holt es dann ab. Etwa bei der Anlieferun­g des Park Hyatt Vienna Hotels in der Wiener Innenstadt. Zur Auswahl steht ein Frühstücks­paket und ein Bäckereiso­rtiment.

„Bei uns bleibt am Buffet einfach zu viel übrig“, sagt Stefanie Schulze vom Hotelmarke­ting. „Zehn bis 15 Pakete“, schätzt Schulze, finden täglich ihre Abnehmer. Der Preis liegt bei 4,80 Euro, und der Erlös wird gespendet. Für die Abholung gibt es ein Zeitfenste­r zwischen 11.00 und 12.00 Uhr. Danach werden die Pakete in die Mitarbeite­rkantine gebracht.

Nach dem Prinzip verfahren weltweit bereits 45.000 Betriebe in 15 Ländern. „Zuletzt sind die USA mit New York City und Boston dazugekomm­en“, freut sich Jasmin Memaran. In Österreich kann man mit der App in Wien, Ober- und Niederöste­rreich, der Steiermark, Salzburg, Tirol und Vorarlberg Essen retten. 320.000 Personen machen aktuell davon Gebrauch.

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BILD: SN/STOCK.ADOBE

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