Abstrampeln mit Essen im Gepäck
Sebastian Moser tauschte kurzerhand Bürostuhl gegen Fahrradsattel und radelte Essen bis vor die Tür. Pro Woche spult er so 100 Kilometer ab.
Seit Corona boomen radelnde Lieferdienste auch in Salzburg. Sebastian Moser ist Fahrradkurier, der sich mit Essen im Gepäck abstrampelt. Reich wird er dadurch zwar nicht, aber fit.
SALZBURG. „Was? So etwas machst du?“, fragten ihn Jugendfreunde, als er mit den Kurierfahrten begann. Menschen urteilen schnell, findet Sebastian Moser. Seit etwa vier Wochen arbeitet der 32-Jährige als Lieferbote für den Salzburger Lieferdienst FoodNinjas. Dabei erfordere der Job einiges – einen guten Orientierungssinn, eine gute Struktur und ein freundliches Gemüt, auch wenn das Gegenüber seinem Ärger in der Coronakrise Luft mache.
Etwa drei Mal pro Woche schwingt sich Moser aufs Fahrrad, mehr als 100 Kilometer legt er dann zurück. Geliefert wird vor allem Essen. „Wenn ich mir ansehe, was in den vergangenen Wochen in meinem Rucksack war, könnte man meinen, die Salzburger lieben Junkfood.“
Sein Brot verdient Moser eigentlich als Außendienstmitarbeiter für die Kreditkartenfirma Hobex AG, nebenbei fotografiert er. Das Radfahren liebte er schon als Kind. Als die Coronakrise ausbrach, tauschte auch er Kundentermine gegen Telefongespräche im Homeoffice. Durch die frei gewordene Zeit in der Kurzarbeit packte er die Gelegenheit beim Schopf und bewarb sich beim Lieferdienst. Reich werde er dabei nicht. Bezahlt wird nach Kollektivvertrag. Der sieht einen Stundenlohn von 8,71 Euro vor. Trinkgeld habe er nur selten bekommen. „Erst bei Regen werden die Leute großzügiger“, sagt er.
Radelnde Kuriere haben sich seit der Coronakrise fest im Salzburger Stadtbild verankert. Überall flitzen Boten mit neongrünen oder orangen Rucksäcken durch die Straßen. „Zuerst gab es sie nur in großen Städten, seit Corona sind sie auch in Salzburg überall“, sagt Robert Soder von der Wirtschaftskammer Salzburg. Es sei der einzige Weg für die Gastronomie gewesen, weiterhin die Treue ihrer Kundinnen und Kunden zu halten.
Elf Fahrradbotendienste gibt es derzeit in Salzburg. „Wie viele dort jeweils angestellt sind, wissen wir nicht“, sagt Soder. Etwa 40 Boten arbeiten für den Lieferdienst FoodNinjas. Seit Kurzem ist die Plattform in den Händen von Velonto-Chef Christopher Meingast-Graf. „Wir wollen eine effizientere Software ins Spiel bringen“, sagt er.
Sein Nebenjob brachte Sebastian Moser bisher gut durch die Coronakrise: „Ich habe mich nie isoliert gefühlt“, sagt er. Er sei Teil einer Wertschöpfungskette gewesen. Das bringe eine gewisse Normalität mit sich. Und: Er sei fitter geworden, schlafe besser, seit er radle. Auch wenn das Rad sich weiterdreht und der Alltag ihn wiederhat, wird das Radeln ein Teil von ihm bleiben.
Und die Gastronomie? „Das System hat sich bewährt. Viele Gastronomen werden den Lieferservice weiter im Portfolio anbieten“, schätzt Robert Soder.
„Trinkgeld gibt es selten. Erst bei Regen werden die Leute großzügiger.“