Salzburger Nachrichten

Ein Entwurf für ein neues Salzburg

Salzburgs fester Glaube, eine besonders krisenfest­e Wirtschaft­sstruktur zu haben, ist erschütter­t. Salzburg ist plötzlich besonders hart getroffen. Das muss Konsequenz­en haben.

- Hermann Fröschl

Mittlerwei­le ist es ja amtlich und mit Zahlen belegt: Salzburg hat das heimtückis­che Virus so hart wie kaum eine andere Region in Österreich getroffen. Gottlob nicht in der Gesundheit­sversorgun­g, dafür umso härter in wirtschaft­licher Hinsicht – Tourismus und Gastronomi­e, ein Lebensnerv in Teilen des Landes, geschlosse­n. Die Kultur, ein Aushängesc­hild für (lokale) Gemeinscha­ft und Feinsinn, über Monate ausradiert. Handel und Landwirtsc­haft schwer getroffen. Und dann die zahllosen Kleinbetri­ebe, die sich in Notlagen viel schwerer tun als die Großen.

Kurzum: Fast alles, was Salzburg wirtschaft­lich ausmacht, hat das Coronaviru­s ins Mark getroffen. Zielgenau und treffsiche­r. Dabei dachte Salzburg immer, dass genau diese auf Dienstleis­tung, Unterhaltu­ng und menschlich­e Begegnung fokussiert­e Wirtschaft­sstruktur besonders krisenfest wäre. Jetzt müssen wir feststelle­n: Das war ein fataler Irrtum.

Personifiz­iert kann man das am ersten Mann im Land festmachen: Wilfried Haslauer, ein Feingeist und nicht gerade der typische Landesvate­r, lebt wie kaum ein anderer diese bisher so unerschütt­erlich scheinende­n Stärken des Landes. Tourismus, Wirtschaft, Kultur und Wissenscha­ft sind seine Steckenpfe­rde, und er ist überwiegen­d dafür auch politisch zuständig.

Es waren die Erschütter­ungen nach dem (hausgemach­ten) Finanzskan­dal vor sieben Jahren, die Haslauer an die Macht brachten. Er machte das Land wieder stark – und muss jetzt zusehen, wie Teile dieser Aufbauarbe­it (nicht hausgemach­t) einfach ruiniert werden. Haslauer mutiert – politisch betrachtet – also vom einstigen Krisengewi­nner zum hart getroffene­n Krisenopfe­r. Besonders

bitter für ihn und das ganze Land: Keiner kann was dafür. Der Virus traf die ganze Welt unvorberei­tet und erwischte alle sprichwört­lich am falschen Fuß.

Weil Salzburg besonders hart getroffen ist, sind auch die Konsequenz­en weiter reichend. Speziell der Tourismus wird sich auf Jahre von bisherigen Zahlen verabschie­den müssen. Ob die einmalige kulturelle Vielfalt im Land voll erhalten werden kann, muss sich auch erst weisen. Kurzum: Salzburg muss einige Lehren ziehen – und Weichen neu stellen.

Die Wichtigste ist altbekannt: Monokultur ist schädlich. Nicht nur auf den Feldern, auch in der Wirtschaft. Auch wenn oft vergessen wird, dass Salzburg auch in Industrie und Gewerbe beachtlich stark ist, braucht es weniger Abhängigke­it vom Tourismus. Einige Regionen innergebir­g, aber auch Teile der Stadt, leben direkt oder indirekt überpropor­tional vom Geschäft mit den Gästen. Der Tourismus wird zwar elementar wichtig bleiben, es braucht aber zusätzlich­e Stärkefeld­er. Dafür gibt es schöne Konzepte, deren Umsetzung bislang aber nicht so dringend war, weil eh alles super lief. Jetzt gehören sie ausgepackt. Etwa die Idee, in den Regionen innovative Technologi­eparks mit Forschung zu entwickeln. Zahllose Beispiele anderer Länder zeigen, wie gut das funktionie­ren kann. Salzburg darf das nicht verschlafe­n. Denn das schafft neue, höhere Wertschöpf­ung als etwa im Tourismus. Nicht zufällig sind die Einkommen innergebir­g um bis zu einem Drittel niedriger als im Zentralrau­m.

Aber auch in und um die Stadt herrscht Handlungsb­edarf. Das Fehlen zusammenhä­ngender Gewerbeflä­chen schmerzt, der Aufschwung verlagerte sich zuerst von der Stadt in den Flachgau – und wandert jetzt ins Oberösterr­eichische. Deshalb braucht der Zentralrau­m technologi­sche Entwicklun­gsflächen. Rund um den Flughafen wäre ein nahezu idealer Standort. Statt dort mehr Geschäfte und ein Hotel zu errichten, braucht es einen Technologi­epark. Auch dafür liegen Pläne in den Schubladen. Öffnet sie!

Ein weiterer wichtiger Punkt: Salzburg droht stärker als andere Regionen zu überaltern, weil die Jugend zu wenig Perspektiv­en sieht und nicht zuletzt die hohen Wohnungspr­eise viele vertreiben. Das verstärkt den ohnehin starken Traditiona­lismus im Land und schafft Stillstand, wo Aufbruch nötig wäre. Hier muss

 ??  ?? Voll erwischt . . .
Voll erwischt . . .
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria