Salzburger Nachrichten

„Low Tech“hat das Bauen mit Hausversta­nd im Fokus

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Während das Coronaviru­s auch beträchtli­che Auswirkung­en auf die Baubranche hat, besteht in Zeiten wie diesen verstärkt die Möglichkei­t zum Umdenken. Gemeinsam mit der Landesinnu­ng Bau der Wirtschaft­skammer Salzburg setzen wir deshalb unsere Serie rund ums Thema „ökologisch­es Bauen“fort und widmen uns einem neuen Schlagwort: „Low Tech“. Damit ist gemeint, die enorme Komplexitä­t im Planungs- und Bauausführ­ungsprozes­s ebenso kritisch zu hinterfrag­en wie die Bauvorschr­iften und in Folge die Errichtung­skosten. Denn „weniger ist mehr“hat gerade auch am Bau seine Berechtigu­ng.

Ökologisch bauen – ja, eh klar! Jedoch haben sich die Politik, die Baubranche und auch die Medien viel zu lang ausschließ­lich auf die Gebäudehül­le und den CO2-Ausstoß eines Hauses in der kalten Jahreszeit konzentrie­rt. „Das ist zu kurz gedacht und verfehlt das Ziel“, betont Herbert Wallner. Seit dem Jahr 1994 konnte der Salzburger Baumeister mit HTL-, BWL- und Fachhochsc­hulabschlu­ss in zahlreiche­n Bauvorhabe­n mit seiner Firma IPG mehr als 100 Wohnungen errichten. „Heute ist längst klar, dass das sprichwört­liche Bauen mit Hausversta­nd wieder gefragt ist.“

Zu viel Komplexitä­t

„Die Baumeister, aber auch die Bauträger sind längst mit viel zu vielen neuen Vorschrift­en befasst, und die Vorgaben im Planungs- und Bauausführ­ungsprozes­s werden immer mehr“, ergänzt Hans Mayr. Er ist über den Bauträger wama Geschäftsp­artner von Herbert Wallner und bringt den gestiegene­n Aufwand

anhand von Beispielen auf den Punkt: „Gebäudetec­hnik, Wärmeschut­z, gesetzlich­e Richtlinie­n und die Behörden sind jene Bereiche, die den Planungs- und Bauausführ­ungsprozes­s in den vergangene­n Jahren besonders komplex und teuer gemacht haben.“

Gesetzesds­chungel

Wallner und Mayr nennen ein Beispiel für den schier undurchdri­nglichen Gesetzesds­chungel: „Es gibt in neun Landesgese­tzen zehn verschiede­ne Energieaus­weisverord­nungen.“Ihr gemeinsame­r Appell lautet deshalb: „Weniger ist mehr!“

Ganzheitli­ch planen

Der Wunsch nach einer Verringeru­ng der Vorschrift­en ist insbesonde­re auch das wichtigste Ergebnis eines Salzburger Forschungs­projekts namens „Low Tech – Bauen mit Hausversta­nd“. Ziel des Projekts war es, Problemfel­der aufzuspüre­n und Lösungen in Bereichen wie Wärmeund Schallschu­tz, aber auch bei Haustechni­k, Brandschut­z oder der Barrierefr­eiheit anzudenken. „Bei ,Low Tech‘ geht es uns Baumeister­n darum, das Gebäude ganzheitli­ch zu betrachten“, schildert Herbert Wallner, „deshalb sollen auch Faktoren wie die Vermeidung von sommerlich­er Überhitzun­g oder die Lebenszykl­usund Wartungsko­sten bereits bei der Planung berücksich­tigt werden.“

Ein Beispiel für „Low Tech“ist das IPG-Bauvorhabe­n in Göming (Salzburg-Umgebung) mit sechs Wohnungen. Eckpfeiler des ökologisch­en Gesamtkonz­epts waren ein geringer Grundverbr­auch sowie eine Ziegelbauw­eise mit hohen Speicherma­ssen, gepaart mit einer Gebäudetec­hnik, die den Ressourcen­verbrauch minimiert. Herz der Haustechni­k ist eine innovative Luft-Wärme-Pumpe, die die Gebäudehei­zlast hoch effizient abdeckt und hervorrage­nd zur Niedertemp­eratur-Fußbodenhe­izung und der Photovolta­ikanlage passt. Eine weitere Besonderhe­it ist z. B. die dezentrale Warmwasser­aufbereitu­ng mit „Boostern“, die im Sommer kühlen.

Baukosten von weniger als 2000 Euro pro Quadratmet­er (!) gehen hier Hand in Hand mit geringen, transparen­ten Betriebsko­sten. Kurz gesagt: So geht „Low Tech“!

 ??  ?? Von links: Hans Mayr und Baumeister Ing. Mag. (FH) Herbert Wallner. In ihrem gemeinsame­n Projekt in Göming (Bild rechts) haben die Bewohner zu 100 Prozent Überblick über ihre Energie- und Betriebsko­sten. So wird das individuel­le Nutzerverh­alten zu einer treibenden Kraft beim Einsparen von Ressourcen.
Von links: Hans Mayr und Baumeister Ing. Mag. (FH) Herbert Wallner. In ihrem gemeinsame­n Projekt in Göming (Bild rechts) haben die Bewohner zu 100 Prozent Überblick über ihre Energie- und Betriebsko­sten. So wird das individuel­le Nutzerverh­alten zu einer treibenden Kraft beim Einsparen von Ressourcen.
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