Festspiele brauchen Behutsamkeit
Die Absagen von Bayreuth und anderen Festivals wurden am Freitag fortgesetzt: Münchner Opernfestspiele sind jetzt ebenso abgesagt wie Komödienspiele Porcia und Schleswig-HolsteinFestival. Aber die Präsidentin der Salzburger Festspiele, Helga Rabl-Stadler, beteuert: „Unser Ziel sind nach wie vor Festspiele.“Auch Bregenz wartet ab.
Wird in Salzburg und Bregenz zu lang hasardiert? Oder agieren andere mit vorschneller Vorsicht? Während das Aufsperren von Museen ab Mitte Mai möglich wird, während für Kinos wegen der üblichen Sommerflaute das Zusperren bis Ende August nicht so arg schmerzt, ist die Planung für Konzerte, Opern und Theater unter Anti-Corona-Beschränkungen so schwierig wie das Fortbewegen auf enger, steiler Hochgebirgsstraße bei dichtem Nebel. Was wartet nach der nächsten Kurve? Darf man mit großem Gefährt noch eine Weiterfahrt wagen? Soll man besser abbrechen, aber damit alle Mühen und Chancen vernichten?
Dass Salzburger und Bregenzer Festspiele noch nicht abgesagt sind, zeugt von Vorsicht und Umsicht. Die Führungsteams – in Salzburg Direktorium und Kuratorium – setzen auf präzises, behutsames, unverzagtes Vorantasten.
Auch nach dem Pressegespräch von Vizekanzler Kogler und Staatssekretärin Ulrike Lunacek muss insgesamt mehr verboten bleiben als erlaubt. Kunst und Kultur sind seit
16. März in einem Würgegriff, der für viele Künstler wie Institutionen lebensbedrohlich ist oder wird und in der von Politikern so gern gepriesenen „Kulturnation“einen grässlichen Flurschaden hinterlassen kann.
Umso mehr ist zu würdigen, dass Bregenzer und Salzburger Festspiele im Umplanen und im Ideensammeln nicht nachlassen und mit etwaigen Absagen auf den letzten Abdruck warten – oder vielleicht: zu etwaigen Absagen ein schlankes, doch attraktives coronavirensicheres Programm anbieten. Vielleicht passiert ein Wunder: Überall in Europa wären im Jahr 2020 sommerliche Festspiele abgesagt, nur in Österreich fände in Bregenz und in Salzburg etwas statt, das die Überschrift „Festspiele“verdiente.