Betriebsräte der Pflege streiten über 35-Stunden-Woche
Mitarbeiter in Pflege und Betreuung streiken diese Woche für eine Reduktion der Arbeitszeit. Nicht alle Betriebe beteiligen sich an den Aktionen.
Am Montag startete die Aktionswoche der Gewerkschaft, um ihrer Forderung nach einer 35-Stunden-Woche für Beschäftigte in der österreichischen Sozialwirtschaft Nachdruck zu verliehen. Die Proteste sind die Reaktion auf das Scheitern der sechsten Runde der Kollektivvertragsverhandlungen
für diesen Bereich. Der erste Warnstreik fand am Montagmorgen in einer Einrichtung der Caritas in Saalfelden statt. Am Mittwoch gibt es bei Pro Juventute eine Streikveranstaltung, am Donnerstag streikt die Lebenshilfe. Die Volkshilfe organisiert für Freitag einen Fackelzug.
Das Salzburger Hilfswerk, mit 163 Diplompflegekräften der größte Anbieter im mobilen Pflegebereich im Bundesland, wird sich nicht an den Protestaktionen beteiligen. Betriebsrat Günther Zauner stellte bereits vergangene Woche per Aussendung klar, dass es in der Belegschaft des Hilfswerks kein Verständnis für die „Maximalstandpunkte“der Gewerkschaft gebe. Dafür habe er ausschließlich positive Rückmeldungen bekommen, sagt Zauner. „Unter den Mitarbeitern des Hilfswerks herrscht Unverständnis für die Forderung nach einer 35-Stunden-Woche. Sie sehen die Gefahr, dass die Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter größer wird.“
Rückmeldungen aus der Belegschaft hat auch Christoph Eschbacher bekommen. Er ist Betriebsrat bei der Lebenshilfe, die sich bereits an der ersten Welle von Protestaktionen beteiligt hat. Das werde auch vom weitaus größten Teil der rund 800 Lebenshilfe-Mitarbeiter gutgeheißen, sagt Eschbacher. „Es gab zwei, drei Personen, die sich kritisch geäußert haben, und fünf oder sechs, bei denen man erklären musste, worum es geht. Sehr viele Kollegen fragen mich, wie sie uns in unseren Forderungen unterstützen können.“
Eschbacher hat seinerseits wenig Verständnis für den Standpunkt des Hilfswerk-Betriebsrats. „Beim Hilfswerk ist einiges falsch verstanden worden. Wenn die Arbeitszeit reduziert wird, werden ja nicht die Stunden der Teilzeitkräfte reduziert. Das führt vielmehr dazu, dass sie ein ordentliches Gehalt bekommen.“
Laut Gewerkschaft arbeiten 70 Prozent der Mitarbeiter im privaten Pflege- und Betreuungsbe
„Bei unseren Kollegen gibt es kein Verständnis für Forderung.“
Günther Zauner, BR Hilfswerk
„Beim Hilfswerk ist einiges nicht verstanden worden.“
Christoph Eschbacher, Lebenshilfe
reich als Teilzeitkräfte. Das sei einer von vielen Gründen, warum man für die heurigen KV-Verhandlungen die Forderung nach einer 35-Stunden-Woche gewählt habe, sagt GewerkschaftsGeschäftsführer Gerald Forcher. Er vermutet bei der Weigerung des Hilfswerks, sich an Streikmaßnahmen
zu beteiligen, eine Weisung der Geschäftsführung: Immerhin ist Geschäftsführer Hermann Hagleitner Mitglied des KV-Verhandlungsteams auf Arbeitgeberseite. „Man will uns wohl für dumm verkaufen. Wenn man Herrn Hagleitner zuhört, dann könnte man glauben, es gebe keine Probleme im Pflege- und Betreuungsbereich. Aber uns rufen immer wieder Mitarbeiter des Hilfswerks an, die mir sagen, dass sie auch streiken wollen, aber sie dürfen nicht“, sagt Forcher.
Entsprechende Aussagen kennt Hilfswerk-Betriebsrat Günther Zauner nicht. „Die Gewerkschaft hat mich auch nie darüber informiert, dass es solche Stellungnahmen gibt. Laut meiner Kenntnis sieht die Belegschaft meinen Standpunkt ausschließlich positiv.“
Gewerkschaft und Betriebsräte der streikfreudigen Institutionen bereiten sich auch schon auf ein Scheitern der 7. Verhandlungsrunde am 2. März vor: Die Lebenshilfe hat bereits Angehörige informiert, dass sie sich im Falle größerer Streiks um zu betreuende Personen selbst kümmern müssen.