Salzburger Nachrichten

Spion für Hitler, Sprecher für Österreich

Neues Buch über einen wenig bekannten Widerstand­skämpfer.

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Nach den beiden Widerstand­skämpfern Robert Bernardis und Anton Schmid wurde soeben eine Kaserne in Wien benannt. Einem weiteren, bisher kaum bekannten Kämpfer gegen den Nationalso­zialismus hat der Militärhis­toriker Erwin Schmidl nun ein Denkmal in Buchform gesetzt.

Wilhelm Hendricks-Hamburger wurde 1917 als Sohn eines wohlhabend­en Papierindu­striellen in Niederöste­rreich geboren. Da sein Vater „Alter Kämpfer“(also besonders früher Anhänger des Nationalso­zialismus) war, wurde auch Wilhelm vom NS-Regime anfangs unterstütz­t. Im Krieg musste er nicht an die Front, sondern wurde 1941 als Offizier der Abwehr (das war einer der deutschen Geheimdien­ste) in die Türkei entsandt. Ausschlagg­ebend dafür war seine Studium der arabischen Geschichte.

Die neutrale Türkei war damals Treffpunkt von Agenten und Spionen aus aller Welt. Hendricks-Hamburger kam in Kontakt mit den Nachrichte­ndiensten der Alliierten und erfuhr früh von den Gräueltate­n der Nazis. Der Auslöser, sich im Widerstand zu betätigen, war für ihn die Moskauer Deklaratio­n 1943. Die Alliierten erkannten Österreich darin als erstes Opfer von Hitlers Angriffspo­litik an (was heute gerne vergessen wird) und riefen die Österreich­er dazu auf, selbst etwas zu ihrer Befreiung beizutrage­n.

Hendricks-Hamburger nahm daraufhin an einem Widerstand­skreis in Istanbul teil. Als er aufzuflieg­en drohte, lief er zu den Briten über. Von Kairo aus hielt er Radioanspr­achen an die österreich­ischen Soldaten in der deutschen Wehrmacht, in der er sie vor den Nazi-„Lumpen“warnte und dazu aufrief, sich für die Befreiung Österreich­s einzusetze­n. Hendricks-Hamburger überlebte den Krieg in einem britischen Internieru­ngslager in Khartum. 1946 kehrte er nach Österreich zurück, wo er bis 2011 lebte. pur Erwin A. Schmidl: Hitlers Spion, Österreich­s Stimme. 360 Seiten, Studien-Verlag, Wien 2020.

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