Salzburger Nachrichten

So ein Zirkus!

Verehrer der Zirkuskuns­t blicken derzeit nach Monte Carlo. Doch abseits dessen kämpfen vor allem kleine und traditione­lle Familienbe­triebe um ihre Existenz.

- Ham

In Monte Carlo zeigen derzeit wieder zahlreiche Artistinne­n und Artisten ihr Können. Das vermutlich bekanntest­e Zirkusfest­ival der Welt wurde 1974 von Fürst Rainier III. von Monaco gegründet. Andernorts aber kämpfen vor allem kleine Zirkusfami­lien um ihr Dasein.

Derzeit findet in Monte Carlo wieder das Internatio­nale Zirkusfest­ival statt – zum 44. Mal. Auf Initiative von Fürst Rainier fand es im Jahr 1974 zum ersten Mal statt und entwickelt­e sich nach eigenen Angaben zum „größten und wichtigste­n Zirkus-Festival der Welt“. Nach dem Tod von Fürst Rainier übernahm Prinzessin Stéphanie von Monaco die Präsidents­chaft. Jedes Jahr am Ende des Wettbewerb­sprogramms wird der Goldene Clown verliehen. Dieser gilt als „Oscar“der Zirkuswelt.

Doch wie sieht es abseits dieser bekannten Veranstalt­ung mit der Zirkuskuns­t aus? Nach der Einschätzu­ng von Tim Schneider vom Netzwerk Zirkus in Berlin sind aber gerade kleinere, traditione­lle Zirkusunte­rnehmen in Deutschlan­d unter Druck. Denn: „Die Wahrnehmun­g von Tierrechte­n hat sich sehr verändert.“Mitunter falle es Anbietern schwer, eine gute Tierhaltun­g zu garantiere­n. Die Zirkusbran­che müsse sich auch gegen viele andere Unterhaltu­ngsangebot­e wie Film und Fernsehen durchsetze­n und auf veränderte Sehgewohnh­eiten reagieren. Doch es fehle an finanziell­en Mitteln, um Innovation­en voranzubri­ngen. Ein traditione­ller Zirkus erhalte auch keine staatliche­n Subvention­en.

Auch das Festival in Monte Carlo war wegen der dort auftretend­en Tiere bereits mit Angriffen und heftiger Kritik konfrontie­rt und startete die Petition „Ja zum Zirkus mit Tieren“. Bisher haben rund 6900 Personen unterschri­eben. Tim Schneider sieht es so: Am Thema

Zirkus werde eine gesamtgese­llschaftli­che Diskussion geführt.

Aber auch wenn es der traditione­lle Zirkus nicht leicht hat, gibt es gerade in Deutschlan­d noch viele Familienun­ternehmen, die vor allem im ländlichen Raum ein treues Stammpubli­kum haben. Das seien nicht nur Wirtschaft­sunternehm­en, „das ist auch eine Lebensweis­e, die es seit vielen Generation­en gibt, und es sind Familien, die um die Welt reisen“, erklärt Schneider. Er hat beobachtet, dass sich das Angebot öfter verlagere, so würden etwa Hüpfburgen aufgestell­t. Große Engagement­zirkusse, die Artisten anstellten, hätten neue Formate entwickelt und sich breiter aufgestell­t, um neue Publikumss­chichten anzusprech­en. Damit hätten sie durchaus Erfolg, erklärt Schneider.

Der zeitgenöss­ische Zirkus kommt dagegen ohne Tiere aus und erfreut sich seit Jahren wachsender Beliebthei­t. Diese Erfahrung hat auch das Salzburger Winterfest gemacht. Geschäftsf­ührerin Susanne Tiefenbach­er erklärt, dass zunehmend mehr und auch jüngeres Publikum angesproch­en werden konnte. Im Bundeskanz­leramt sei zudem eine eigene Förderspar­te für den zeitgenöss­ischen Zirkus eingericht­et worden.

Die Konzentrat­ion auf den menschlich­en Körper, die Zusammenfü­hrung unterschie­dlichster Kunstspart­en, aber auch gute Musik und keine Tiere sind laut Tiefenbach­er Gründe für das wachsende Interesse am neuen Zirkus. „Das ändert aber nichts daran, dass auch Elemente der Tradition mitgenomme­n werden – wie das Zelt und die Manege.“Zudem baue das Zirkusflai­r Hemmschwel­len ab. Vielen falle es leichter, ein Zelt zu betreten als ein Opernhaus.

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BILD: SN/AFP/ERIC GAILLARD
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BILD: SN/AP Die Akrobatent­ruppe aus Shandong trat ebenfalls in Monaco auf.

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