Salzburger Nachrichten

Land kauft mit EU-Geld ein Frauenhaus

Erstmals bleibt die Adresse des Frauenhaus­es kein Geheimnis. Klambauer: „Die Frauen sollen sicher sein, sich aber nicht verstecken müssen.“

- STEFANIE SCHENKER

Nach 22 Jahren in beengten Verhältnis­sen stehen für das Frauenhaus in Saalfelden erfreulich­e Veränderun­gen an. Erstmals wird das Land Salzburg selbst Geld in die Hand nehmen und ein Haus kaufen, das dann als Frauenhaus für den Pinzgau, den Lungau und den Pongau dienen soll. Genau genommen sind es sechs Wohnungen – fünf davon werden den von Gewalt bedrohten Frauen und ihren Kindern zur Verfügung stehen, in der sechsten Wohnung sollen Verwaltung, Beratung und Kinderspie­lraum samt Gartenstre­ifen Platz finden. Das neue Frauenhaus entsteht als Teil der GSWBWohnan­lage mit 164 Wohnungen am Hartlfeld. Läuft alles nach Plan, dann findet die Übersiedlu­ng im Frühjahr 2021 statt.

1,5 Millionen Euro kostet der Neubau des Frauenhaus­es. 750.000 Euro davon werden aus EU-Mitteln finanziert. „Es ist das erste Mal, dass wir EU-Gelder zur Entwicklun­g des ländlichen Raumes für den Sozialbere­ich verwenden“, erklärt Landesräti­n Andrea Klambauer (Neos).

„Bisher müssen sich bei uns jeweils zwei Frauen und deren Kinder

eine Küche und ein Bad teilen. In einem zwölf Quadratmet­er großen Büro arbeiten drei Personen – gleichzeit­ig müssen auch die Beratungsg­espräche dort stattfinde­n“, schildert die Pinzgauer Frauenhaus­leiterin Sonja Hartl. Statt 220 Quadratmet­er wird das Frauenhaus künftig 350 Quadratmet­er groß sein. Die Anzahl der Plätze für von Gewalt bedrohte Frauen bleibt gleich: So wie bisher werden auch künftig fünf Frauen mit Kindern vorübergeh­end im Frauenhaus wohnen können.

Ein Vorteil des in Wohnungen unterteilt­en neuen Frauenhaus­es: Sofern die Bewohnerin­nen Anspruch auf Mindestsic­herung haben, erhalten sie diese in voller Höhe. Bisher mussten sie Kürzungen in Kauf nehmen, da eine Wohnform mit Gemeinscha­ftsräumen als Wohngemein­schaft gilt. „Es ist schade, dass die Mindestsic­herung keine andere Lösung zulässt, denn die Frauen profitiere­n von den Gemeinscha­ftsstruktu­ren“, sagt Birgit Thaler-Haag. Sie leitete das Frauenhaus Salzburg. Dort gibt es drei Garçonnièr­en sowie Wohngemein­schaften für 16 weitere Frauen. „Die einen bekommen die volle Mindestsic­herung, die anderen nicht – und das obwohl sie im selben Haus wohnen“, sagt sie. Das sei „ungerecht und eigentlich unhaltbar“. Denn das Zusammenle­ben der Frauen sei ja nicht mehr als eine Schicksals­gemeinscha­ft, „wirtschaft­en muss ja jede alleine“.

Im Bundesland Salzburg bieten drei Frauenhäus­er insgesamt 32 Plätze – 19 davon in der Stadt Salzburg, acht in Hallein. Das

„Für die Kinder haben wir mehr Spielraum – und einen Garten.“

Sonja Hartl, Frauenhaus Pinzgau

Land finanziert die die Arbeit der Frauenhäus­er mit 1,5 Millionen Euro jährlich. Damit sei das Angebot der Frauenhäus­er Teil eines dichten Netzes zum Schutz vor männlicher Gewalt, sagt die Landesräti­n. Insgesamt habe es im Jahr 2019 515 Betretungs­verbote gegeben – die sich fast ausschließ­lich gegen Männer gerichtet hätten. Anders als in früheren Jahren habe es im Vorjahr keine

Warteliste­n gegeben, für jede Frau sei ein Platz gefunden worden, berichtet Klambauer.

Das bestätigen – bis auf den Jänner und Februar, in dem in Salzburg acht Frauen abgewiesen werden mussten – auch ThalerHaag und die Leiterin des Halleiner Frauenhaus­es, Doris Weißenberg­er. Für sie ist diese Entwicklun­g „erschütter­nd“. Denn: „Das heißt nichts Gutes. Die Gewalt gegenüber Frauen nimmt ja nicht ab. Aus irgendwelc­hen Gründen – die wir nicht kennen – kommen die Frauen nicht zu uns.“

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Landesräti­n Klambauer stellte die Pläne für das neue Frauenhaus vor.
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BILD: SN/FRANZ NEUMAYR/LAND SALZBURG
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