Womit die Schul-Ombudsfrau recht hat
Das neue Buch einer Wiener Lehrerin sorgt für Aufregung. Aber leider aus dem falschen Grund.
Das umstrittene neue Buch der Lehrerin Susanne Wiesinger hat drei Kernbotschaften. Erstens: Der politische Islam ist eine Bedrohung für unser Schulsystem. Zweitens: Das Schulsystem ist hemmungslos ver-parteipolitisiert. Drittens: Sie, Wiesinger, wurde als Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte vom Bildungsministerium schlecht behandelt.
Es sagt viel über unser Land aus, dass sich die öffentliche Debatte bisher ausschließlich um Punkt drei von Wiesingers Buch drehte. Die Punkte eins und zwei scheinen niemanden zu stören. Dass im Schulwesen das Parteibuch und in der Bildungspolitik die Ideologie regiert – das weiß man als gelernter Österreicher ohnehin. Und dass in manchen „Brennpunktschulen“ein Unterricht über Sexualkunde oder den Holocaust nicht mehr stattfinden kann, weil das muslimische Schüler stört – das ist halt so. Da muss man tolerant sein. Und man selbst gibt seine Kinder ohnehin in „bessere“Schulen …
Womit wir wieder bei der Ideologie wären. Namhafte Spitzenpolitiker vertreten die Ansicht, dass unbedingt die Gesamtschule eingeführt werden muss. Ihren eigenen Nachwuchs geben sie aber in Privatschulen. Das heißt, ihre Ideologie hat mit ihrem eigenen Denken und Leben offensichtlich nichts zu tun, bestimmt aber ihr politisches Handeln. Dass das kein erfolgversprechender Weg in der Bildungspolitik ist, bedarf keiner Erläuterung, zumal es dafür Beispiele zuhauf gibt. Wiesinger schildert in dem Buch, wie sie bei Politikern sowohl links als auch rechts in Fragen wie dem Kopftuchverbot oder den Deutschklassen für Migrantenkinder nur auf Scheuklappen und reflexartige Reaktionen getroffen sei.
So sieht die Bildungspolitik (und damit die schulische Integrationspolitik) auch aus. Sie ist im schlechtesten Sinne des Wortes großkoalitionär geblieben, auch wenn längst andere Regierungen am Ruder sind. Es dominiert das Prinzip der Besitzstandswahrung und des kleinsten gemeinsamen Nenners. Oder nicht einmal das: Die aktuellen Koalitionspartner ÖVP und Grüne sind in Schulfragen offenbar so uneins, dass sie im Regierungspakt gleich die Finger davon ließen. Bildungspolitik: eine Leermeldung.
Wenn man bedenkt, dass die Bildung jedes Einzelnen über die Zukunft unseres Landes entscheidet und dass die Integration der Migranten bei den Kindern beginnen muss, weil sie wahrscheinlich nur dort wirklich gelingen kann, dann wäre es höchste Zeit für eine andere Bildungspolitik. Für eine mit Sachverstand und ohne Ideologie.